Steven Galloway - Der Cellist von Sarajevo

Sarajevo wird während des Balkankriegs in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts belagert. Es gibt wenig Nahrung und den Menschen geht es im Allgemeinen schlecht. Und doch gibt es einen Mann, der jeden Tag vor die Tür geht. An die Stelle, an welcher durch eine Mörsergranate 22 Menschen starben. Er geht hinaus und fängt an zu spielen. Jeden Tag für einen der Toten. Gleichzeitig werden drei Geschichten erzählt:


1. Strijela. Sie ist Heckenschützin und sie ist gut, denn sie trifft einfach. Doch ihr Kommandant hat einen ganz besonderen Auftrag für sie: Sie soll den Cellisten vor einem Angriff schützen, denn er habe Wind davon bekommen, dass ein Attentat durch einen weiteren Schützen geplant ist.


2. Dragan Isović. Seine Frau und sein Sohn sind Weg. Mutmaßlich Italien, und er ist allein zurückgeblieben und kommt jetzt nicht mehr aus der Stadt heraus. Und er geht weiter seiner Arbei als Bäcker nach.


3. Kenan. Er ist bereits ein alter Mann, der sich momentan alle vier Tage zur Brauerei zum Wasser holen aufmacht. Und seiner Nachbarin bringt er auch etwas mit.


Die drei Personen begegnen sich nicht. Und doch sind sie über den Cellisten irgendwie miteinander verbunden. Denn dieser spielt Tag ein Tag für die Toten sein Lied.


Man kann diesen Roman nur sehr schwer zusammen fassen und man kann auch nicht beschreiben, was man hier geboten bekommt, denn jede Person wird für sich betrachtet, wobei alle drei in Sarajevo festsitzen. Nur Strijela ist eine Soldatin, die anderen beiden sind Zivilisten. Und die Verbindung scheint der Cellist gewesen zu sein, den es in Form von Vedran Smajlović wirklich gegeben hat, genau wie das Massaker auch wirklich mit 22 Toten passierte. Alles drum herum hat sich der Autor aber so zurecht gelegt, dass es eine Geschichte ergibt, und diese lässt sich zum einen sehr einfach Lesen, vermag aber eine gewisse sprachliche Eleganz nicht vermissen zu lassen. Dabei kommen ein ums andere Mal Erinnerungen an Jakob den Lügner auf, da das Setting ein ähnliches ist, wenngleich Jakob Lügen und ein Radio erfunden hat. Beide jedoch, der Cellist und Jakob haben eins gemeinsam: Sie vermitteln einen Funken Hoffnung in grausamen Zeiten, und vielleicht deshalb gefällt mir dieses Buch extrem gut. Bemerkenswert ist dabei übrigens auch, dass hier nie von einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe wie bosnische Serben, Bosniaken, Moslems oder Kroaten gesprochen wird, und das macht diesen Roman fast wertfrei, da er keine der Seiten anklagt.


Insgesamt muss man leider sagen, dass der Balkankrieg insgesamt zu wenig Beachtung erhalten hat, auch wenn er fast vor unserer "Haustür" stattgefunden hatte. Hier ist der Krieg in einer anderen Weise dargestellt worden, was ihn nicht weniger grausam erscheinen lässt. Als Wertung mit LEseempfehlung bleiben 09/10 Punkten zurück.

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