Übertragbarkeit von Horror und Absurdität auf den Leser

  • Manchmal überlege ich mir nach dem Lesen solch eines Horrorbuches (und das sind nicht wenige) : Warum liest du ständig diese blutrünstigen bizzaren und absurden Geschichten? Was verleitet mich ständig dazu? Trage ich selber Böses in mir? Verändert so ein Buch meine Einstellung zu Sex und Gewalt?
    Werde ich abgebrühter? Abgestumpfter?


    Mich würde interessieren, wie ihr darüber denkt. Haben wir ebenso etwas bizzares in uns?

  • ich lese horror um mich vom realen horror meines
    alltages abzulenken... je besser es mir ging
    um so weniger horror habe ich gelesen in meinem leben.


    und es muß aber nicht immer heftiger werden in den büchern.
    es geht ja nicht um einen kick.
    es gibt bestimmte schemata und überwindungen
    von leid die auf kreative weise helfen. mir zumindest.
    horror fast als therapie...


    und horror im kino ist mainstream
    und auch in buchform ist es doch irgendwie schon normal. finde ich
    bei der betrachtung in buchläden!

  • Ich sage es mal mit Freud. Ja, alle haben etwas böses in sich, es ist nur immer eine Frage, ob man es im Leben irgendwann raus lässt oder nicht. Aber das Böse übt auch immer eine gewisse Faszination aus. Ich könnte auch jetzt nicht sagen, dass mich hier (ob im Roman oder Film) etwas abstumpft oder dieses mein Verhalten verändern würde.


    Eigentlich bin ich im realen Leben immer noch der nette Typ, mit dem man locker quatschen und Blödsinn machen kann und ich laufe nie mit einem Brotmesser oder einer Kettensäge herum. :huh:


    Man taucht einfach in eine andere Welt ab, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren. Wer letzteres nämlich nicht mehr unterscheiden kann, bei dem stimmte eigentlich schon vorher etwas nicht im Oberstübchen. Da sehe ich auch weder Romane, Filme noch sogenannte Ballerspiele als Auslöser für irrationale Handlungen an, denn diese Antwort ist A.) zu einfach, und B.) auch etwas weit von der Realität entfernt. Ein Amokläufer würde zwar bestimmt nicht nur Heimatromane in seiner Wohnung liegen haben, dafür läuft aber auch nicht jeder Leser von Horrorromanen Amok. Die wirklichen Auslöser für solches fehlgeleitete Verhalten liegt zumeist ganz wo anders begründet.

    "Wahnsinn ist bekanntlich die Vorstufe zur Genialität. Ich persönlich bin da aber längst schon einen Schritt weiter." :D

    "Das Leben ist nur ein Albtraum auf dem Weg in den Tod."



  • Hmm, :)


    also ich glaube jeder Mensch hat sowohl das Gute und das Böse in sich. Gerade das macht uns Menschen ja aus. Jeder kann je nach Förderung des Bösen auch zu einem schlimmen Menschen werden.


    Das solche Bücher gegenüber anderen Büchern abhärten, davon gehe ich aus. Aber es heißt nicht, das wir im wirklichen Leben zu solch kranken Menschen mutieren wie es sie in Büchern oder Filmen gibt.
    Ich stehe auch total auf solche Bücher, sonst währe ich nicht in diesem Forum! :) Ich liebe einfach den schwarzen Humor und allgemein düstere Geschichten. Aber im realen Leben bin ich ein ganz lieber und gefühlvoller Mensch.
    Wenn ich im realen Leben eine Leiche sehen würde, währe ich seelich total fertig. Oder wenn ich mit schlimmen Situationen in Berührung komme, reagiere ich überaus menschlich und schockiert.
    Die Bücher sind ja auch nicht nur stupide gewaltvoll. Sondern haben ja auch oft einen emotionalen Sinn.
    Klar gibt es gewiss auch Menschen, die sich an sowas aufgeilen. Oder welche die ernsthaft über Ketchum´s Evil lachen. Die waren aber schon vorher krank! Solang ihr noch Gefühle beim Lesen habt, sind wir doch alle normal.


    LG

  • horror-romane töten keine menschen.
    eine kluge frau hat bücher mit gewaltaufarbeitung
    für sich blitzableiter genannt.


    was denkst du denn, likiwing ?

  • Ich denke nicht, dass wenn man halbwegs bei Verstand bist, die sexuelle Gewalt bsp. eines Edward Lee Buches sich auf das eigene sexuelle Verständnis auswirkt. Das sollte nicht passieren, weil ich Schändrrblut lese, krieg ich keinen Bock auf Menschenfleisch ;)


    Abgestumpft wird man mit drr Zeit auf alle Fälle, die Grenze ghet immer weiter nach hinten. Aber wie jörg sagt, es muss ja nicht immer ultrahart sein, leiser schleichender Horror ist ebenfalls wichtig.


    Den Horror des Alltafs überedecken - mhm, muss ich mal drüber nachdenken, second post kommt ...

    I saw the best minds of my generation, starving hysterical naked
    dragging themselves through the negro streets at dawn looking for an angry fix
    ________________


    Allen Ginsberg: Howl

  • Bis jetzt kann ich keine Veränderung zum Schlechten an meiner Person festellen, nur weil man Horror, Grusel etc. Filme/Bücher mag heißt das noch lange nicht das man in der Realität dadurch unbedingt abgebrühter wird.
    Ein schlimmes Vorurteil, wie man ja auch an der Zensur merkt, welches absolut nicht der Wahrheit entspricht...Filme bleiben Filme und Bücher bleiben Bücher.
    Bei vielen sogenannten Schocker/Horror/Gore Filmen (vor allem von vielen neuen) bin ich eher gelangweilt, da sehe ich mir lieber Klassiker an die ohne viel Blut usw. eine weitaus gruseligere Atmosphäre entfalten, wie z.B. gestern bei Hitchcock´s Die Vögel.


    Seltsam? Aber so steht es geschrieben …

  • Also ich weiß, dass ich selbst ganz normal durchs Leben gehe. Trotzdem bin ich immer wieder überrascht von mir selbst, dass ich zu "solchen" Büchern greife. Dabei ekel ich mich grad mei Lee ziemlich oft, doch irgendwie siegt die Neugierde immer wieder.
    Ich hab auch gemerkt, dass ich abstumpfe. Ich kann mittlerweile einen Horrorfilm schauen und muss mich statt 10 mal hinter den Händen zu verstecken, dies nur noch 5 mal machen. :D
    Aber warum suchen wir die Flucht vom Alltag nicht in romantischem Geschwafel sondern in Horrorliteratur?

  • jeder sieht das wohl anders, wenn er tief
    in sich schaut...
    und in manche situationen muß man erst kommen,
    z.b. wenn das eigene kind total schmerzhaft lebenslang erkrankt,
    um zu verstehen, daß kunst hilft.
    in einem ähnlichen fall hört der vater seither black- u. death-metal
    ...
    darüber müßte man reden... all die posts sind nur n ansatz.
    und bücher schreib ich im netz nicht mehr ;)


  • @ Power86: Jep, da decken sich unsere Ansichten. ;)


    Warum ich keine Romantik lese kann ich sehr gut sagen, weil ich sonst aus dem Schlafen gar nicht mehr rauskomme. :D Und wenn ich erst mal schlafe...das hatte man mir schon gesagt...fängt der Horror erst richtig an wenn ich Schnarche. :whistling:


    Da gibt es auch eine kleine Geschichte aus meiner Jugendzeit. Meine Mutter (stramme Leserin von romantischen Heftromanen) liebte den Horror eigentlich nur im Film. Da durften es richtig blutige Granaten sein und dabei blieb sie Herzensgut. Lachen mussten wir dann nur immer, wenn meine Mutter vor Schreck die Hände vor die Augen legte und trotzdem zwischen den Fingern durchlinste, weil sie nichts verpassen wollte. :D

    "Wahnsinn ist bekanntlich die Vorstufe zur Genialität. Ich persönlich bin da aber längst schon einen Schritt weiter." :D

    "Das Leben ist nur ein Albtraum auf dem Weg in den Tod."



  • übertragbarkeit von horror und absurdität auf den leser
    sagt ja schon: ich befasse mich damit, also verleibe ich es mir ein.


    @ power
    danke! :)

    Stimmt Jörg, und in gewisser Weise verarbeitet man dann auch irgendwo damit die wirklich schlimmen Dinge, die einem im Leben wiederfahren. In dem Punkt höre ich z.B. gerne Black Metal statt aufgestaute Wut an Menschen aus zu lassen, die ja nichts dafür können was mir gerade passiert ist. Jeder sucht sich da auch ein anderes Ventil.

    "Wahnsinn ist bekanntlich die Vorstufe zur Genialität. Ich persönlich bin da aber längst schon einen Schritt weiter." :D

    "Das Leben ist nur ein Albtraum auf dem Weg in den Tod."



  • Zuerst einmal danke für den Thread, Likiwing, sehr interessantes und äußerst weitreichendes Thema! :thumbup:


    Meine Frau fragt mich ständig, warum ich immer diesen "Horror-Kram" lese...und meine Antwort ist stets die gleiche: Weil mich dieses Genre von Kindheit an begeistert, egal, ob Literatur oder Film.


    Und es geht dabei nicht um Blut, Gewalt und Schock, sondern um die gesamte Palette im unheimlichen Bereich, von Nosferatu bis Leatherface, von Psycho bis Freitag, der 13. . Mich fasziniert, wie und mit welchen Mitteln man Angst und Grusel erzeugen kann...der Auslöser war in meiner Jugend ein spätabendliches heimliches Fernseherlebnis meines heutigen Lieblingsregisseurs Hitchcock...ich schaute "Die Vögel", gruselte mich wahnsinnig und konnte danach nicht schlafen, bzw. hatte Alpträume...


    Das ist mir danach nie wieder passiert, also fragte ich mich: Wie hat Hitchcock das gemacht? Warum hatte ich Angst? Und meine Liebe für das Horror-Genre war geboren...


    Oh, und ja, auch ich bin ein äußerst netter Kerl, der nicht sabbernd mit einem Beil durch Berlin läuft...dazu sehe ich den Gruselbereich wahrscheinlich zu analytisch... :)

  • vielleicht ist das aber auch das vorurteils-gerede
    von früher, das ist gut - das ist schlecht.---
    tu dies :) , lass das :evil:
    man sollte doch in der aufgeklärten moderne
    von solch albernen vorurteilen weg kommen. ;)
    da man ja niemandem schadet!

  • Danke euch für die vielen Posts und Meinungen.
    Mich hat das wirklich beschäftigt, ob irgendwas vielleicht nicht stimmt mit mir. :D Es ist einfach eine Leidenschaft und wie schon viele sagten eine Flucht vom Alltag. Einfach was anderes, auch wenn viele unschöne Sachen oft beschrieben und erzählt werden.

  • Ich mag Horror seit ich mit 12 die ersten John Sinclair Kassetten gehört habe.
    Dürfte kaum einen Horrorfilm geben den ich nicht gesehen hab und was ich, seit ich Festa gefunden habe, alles in schriftlicher Form aufgesaugt habe ist mehr als pervers und krank. :D


    Dennoch find ich reale Gewalt furchtbar und unnötig.
    Dass ich nicht komplett abgestumpft bin merk ich ich immer wieder daran, dass mir schlecht wird, wenn ich an den Mauerfall eines Freundes denke der hinterher 2 Finger unnatürlich abstehen hatte und einen offenen Bruch am Unterarm.
    DAS Bild werd ich nie vergessen und ist bislang zum Glück auch die Klimax dessen was ich real gesehen habe...


    Bücher, speziell Festas, sind für mich normale Unterhaltung mit dem extra *WTF war das da grad??!* an der einen und anderen Stelle :thumbup:

    Jesus wept ;(