Paul Auster

  • Ein Plädoyer für den Zweifel
    Siri Hustvedts Essay "Die Illusion der Gewissheit"


    Siri Hustvedt im Garten ihres Hauses in Brooklyn – sie ist nicht nur Literatin, sondern auch ein leidenschaftlicher Forschergeist in Sachen Neurologie und Biologie. In ihrem neuen Buch stellt sie die Frage: Wie hängen Körper und Geist zusammen? Was sagt die Wissenschaft dazu? Die Antworten sind kompliziert. Zwangsläufig.
    "Ich musste feststellen, nachdem ich mich intensiv mit Hirnforschung beschäftigt und Tausende und Abertausende von Artikeln gelesen habe, dass die Neurowissenschaften auf problematischen Denkmodellen beruhen. Lange Zeit stützten sie sich auf Modelle, die auf René Descartes zurückgehen. Das heißt, sie behandelten Körper und Geist wie zwei völlig verschiedene Dinge", so Hustvedt.
    Klare Grenzen und saubere Trennlinien
    Die meisten Hirnforscher würden heute zustimmen, dass Körper und Geist zusammen gehören, dennoch wirken die alten Denkmuster nach. Nicht nur in der Wissenschaft. Bis heute ist die Vorstellung von klaren Grenzen und sauberen Trennlinien auch im alltäglichen Leben präsent. Fremdes wird ausgegrenzt, Vermischungen als Unordnung empfunden. Diese Denkweise prägt noch immer Gesellschaften, ganze Nationen.
    "Die Vorstellung, dass Grenzen sauber gehalten werden müssen, dass man sie achten und sorgfältig pflegen soll, ist wahrscheinlich ein starkes, zutiefst menschliches Bedürfnis", sagt Hustvedt.
    "Die Ängste vor 'Verunreinigung'"
    Grenzen als Schutz für den Volkskörper. Das Fremdartige als Verunreinigung – solche Denkweisen setzen sich immer weiter durch, gerade in Amerika.
    "Die Ängste vor Verunreinigung, diese Vorstellung vom 'Anderen' als eine Art Krankheit, die die Gesellschaft bedroht, darüber wird in den USA kaum diskutiert. Dabei hat der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten schon während des Wahlkampfs von 'Verunreinigung' gesprochen. Er wiederholt das noch heute auf all seinen Kundgebungen: 'Baut eine Mauer', oder 'Bringt sie hinter Gitter!'", sagt die Autorin.
    "Es ist ein Fehler ist, das Gehirn isoliert zu betrachten"
    In dem Essayband "Die Illusion der Gewissheit" bezieht sich Siri Hustvedt auf zahlreiche Studien und führt aus, dass Grenzen in Wahrheit fließend, uneindeutig sind. Selbst die Erkenntnisse der Genforschung, lange Zeit unangezweifelt, bröckeln: Heute weiß man, dass Gene nicht schicksalhaft wirken, sondern sich unter Umwelteinflüssen verändern. Hustvedt zeigt auf: Körper und Geist lassen sich nicht trennen. Unser Gehirn ist eben formbare Biomasse.
    "Die moderne Erforschung unseres Bewusstseins und unserer Denkstrukturen beruhten lange auf einem Modell, nach dem der Geist und das Gehirn genauso funktionierten wie ein Computer. Heute erkennen viele – längst nicht alle – Wissenschaftler, dass es ein Fehler ist, das Gehirn isoliert zu betrachten. So, als sei das Hirn allein das menschliche Subjekt. Der Mensch besteht aus einem ganzen Körper. Er ist ein biologisches System, das in einer Umgebung mit anderen existiert. Wir Menschen sind Tiere, die nicht alleine leben oder überleben können", so Hustvedt.
    "Das ist die Trump-Fantasie"
    Das beginnt schon mit der Mutter, auf deren Fürsorge wir angewiesen sind. Sprache, Bewusstsein und Intelligenz entwickeln wir nur im Kontakt mit anderen! Doch diese tiefe Bindung an andere macht auch Angst.
    „Diese schreckliche Furcht vor Abhängigkeit, unserer menschlichen Realität, die niemand bestreiten kann, hat immer eine prägende Rolle im westlichen Denken gespielt. Wir müssen endlich dieses Dogma beenden, diese Utopie von einem isolierten, unabhängigen, autonomen Menschen. Das ist die Trump-Fantasie, dass wir als Erwachsene geboren werden, uns selbst großziehen und auf niemanden angewiesen sind. Und überhaupt alles alleine können. So ein Quatsch!" , sagt sie lachend.
    ...
    https://www.daserste.de/inform…ung-vom-05082018-102.html

  • relativ spät in meinem leser-leben entdeckte ich paul auster für mich. im juni 1996

    begann für mich das schiere vergnügen, der genuß des erlesens, des feierns seiner texte.

    die vorfreude eines neuen werkes alleine macht mich schon immer ganz hibbelig.

    dieses buch bekam ich nun von meinem sohn zum geburtstag geschenkt.

    "mit fremden sprechen. ausgewählte essays und andere schriften aus 50 jahren" - paul auster.

    rowohlt, hc, 2020, übersetzung: werner schmitz u.a., 412 seiten.


    es ist eine wahrhaft anregende, herrlich lesbare sammlung von auster- essays & aufsätzen rund um die themen

    literatur, bücher & ihre schöpfer, leben und genuß, wacher kritik und freuen am da-sein.

    es gibt so manches zu entdecken, aber auch in deutsch altbekanntes hat auster hier ausgewählt.

    ich lief nach dem inhalieren eines textes häufig lächelnd, gestärkt, begeistert, beflügelt durch

    die wohnung... ich bin sehr dankbar für solche mit-teilungen. auster ist ein wahrer schreibmeister.

    :love:<3<3<3:whistling:

  • sehr interessant berichtet die groschenphilosophin über austers mammutbuch "4 3 2 1"


    "Es ist ein Buch, das seine Leser begleiten möchte, über mehrere Monate hinweg und in ihnen etwas nachhaltig verändert –

    und sei es ihr Sprachverständnis, oder ihr Blick auf die Welt. Die Wertschätzung dessen, was man hat und dass alles auch

    hätte schlimmer kommen können. Meistens."

    https://www.groschenphilosophi…l-austers-monster-fertig/

  • eine 1200 seitige biographie über stephen crane (1871-1900) hätte wohl kaum jemand von paul auster erwartet...


    "Paul Auster nimmt den Leser mit auf eine lebhafte Reise durch die kurzen 29 Jahre von Stephen Cranes Leben.

    Crane war der strahlende Stern der US-Literatur zur Jahrhundertwende, ein Frühvollendeter in jeder Hinsich

    – wichtigster Vertreter des amerikanischen Naturalismus und Autor des legendären Bürgerkriegsromans

    «The Red Badge of Courage» («Die rote Tapferkeitsmedaille»).

    In den wenigen Jahren, die ihm vergönnt waren, verfasste er neben diesem ikonischen Roman ein reiches Werk

    aus Lyrik, Kurzgeschichten und Novellen und führte ein abenteuerliches, ja fiebriges Leben u. a. als Kriegskorrespondent

    im Spanisch-Amerikanischen und im Griechisch-Türkischen Krieg.

    Er erlitt Schiffbruch vor der kubanischen Küste, wurde in eine skandalöse Liebesaffäre verwickelt, die ihn zwang, seine Heimat

    zu verlassen, bereiste mehrere Kontinente, wurde in Kriegseinsätzen beschossen – all dies vor dem Hintergrund des pulsierenden,

    sich rapide wandelnden Lebens im blühenden Industriezeitalter.

    Und so ist Austers liebevoll genaues und detailreiches Porträt des Schriftstellers Crane auch eines seiner Zeit und der Welt im Fin de Siècle

    des neunzehnten Jahrhunderts am Übergang zum zwanzigsten." rowohlt - info.