Paul Auster

  • Ich mag es stets, wenn ein Schriftsteller Selbsterlebtes und Selbsterlittenes in nur leicht verschleierter Form in seine Werke einfließen läßt, eine Technik, die in vergangener Zeit in sehr starkem Maße z.B. Ernest Hemingway, F. Scott Fitzgerald oder Franz Kafka anwendeten...in der heutigen literarischen Welt wird dies nur noch von einigen Autoren (wie Paul Auster) betrieben...

    John Irving macht das auch.
    Muss auch bald mal wieder einen Auster lesen. Habe ja so viele! 8)


    Hatte meinen Eltern zu Weihnachten eine Einzelausgabe von "Stadt aus Glas" geschenkt. Ich hoffe sie lesen es irgendwann. Meine Mutter liest fast nie, nur ganz selten mal eine Novelle oder Kurzgeschichte. Mein Vater liest gerne, auch mal dickere Romane, aber sein Genre ist arg begrenzt. Ihre Meinung zu dem Buch würde mich sehr interessieren.


    LG

  • @ power
    wenn deine eltern was dazu sagen, würde ich mich über
    eine mit-teilung freuen.
    meine eltern haben sich eher gewundert, was ich ihnen
    da anbrachte, es gab mit meiner mutter über auster aber einige
    herrliche gespräche.

  • Soeben ausgelesen:


    "Nacht des Orakels" von Paul Auster...für mich bisher eines seiner komplexesten Werke. Sein immer wiederkehrendes Silmittel, eine Geschichte in der Geschichte zu erzählen, treibt er hier in extreme Höhen...vier bis fünf ineinander verschachtelte Plots werden begonnen, teilweise vollendet, manche davon allerdings auch mitten in der Erzählung abgebrochen...was Menschen, die komplett aufgelöste Handlungsstränge bevorzugen, vor den Kopf stoßen dürfte.
    In diesem Buch verwendet Auster auch verstärkt Fußnoten, die (vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig) oftmals fast den kompletten Platz einnehmen und sich über mehrere Seiten ziehen. Wieder spielt er mit seinem Grundthema, der Macht des geschriebenen Wortes, der Vermischung von Realität und Schein, was ist echt und was erfunden...selbst magisch/übernatürliche Aspekte werden in die Geschichte eingearbeitet, auch wenn diese Magie nicht weiter erklärt wird und im Laufe der Handlung (wie viele andere Erzählstränge) im Sande verläuft. Auster schreibt nicht einfach nur Romane, seine Werke sind immer auch literarische Experimente...


    Der Protagonist des Buches, der Schriftsteller Sidney Orr, erzählt seine phantastisch anmutende Geschichte als Rückblick, die erwähnten Ereignisse spielten sich zwanzig Jahre zuvor ab. Immer wieder wechselt Auster die Handlungsebene; Sidney Orr kauft ein spezielles blaues Notizbuch und beginnt eine Geschichte zu verfassen. In dieser Geschichte geht es unter anderem um ein Manuskript, dessen Story (mit Namen "Nacht des Orakels") ebenfalls erzählt wird...man muß als Leser bei der Sache sein, um sich in den einzelnen Ebenen nicht zu verirren, das Buch ist (wie alle Werke von Paul Auster) keine 'Nebenbei-Lektüre', Auster gelingt es jedoch, die verschachtelte, komplexe Geschichte bis zum hochdramatischen Schluß stets klar strukturiert und verständlich zu erzählen.
    Flüssig und elegant geschrieben ist das Buch ebenfalls, ein Merkmal, das bisher alle von mir gelesenen Auster-Werke auszeichnet.


    Fazit: Anspruchsvoll, spannend und literarisch...ein Buch für jeden, der sich für gut erzählte Geschichten und schreibtechnische Fingerübungen interessiert...und sich nicht daran stört, wenn nicht sämtliche Handlungsstränge eine Auflösung erfahren...für mich ein großartiges Buch!


    Bewertung: *****

  • Soeben ausgelesen (und betrachtet):


    Paul Auster/Sam Messer "Die Geschichte meiner Schreibmaschine"


    EIn dünnes, schlankes Buch, gefüllt mit verhältnismäßig wenigen Zeilen von Paul Auster, das aber sehr unterhaltsam von der arbeitstechnischen Beziehung der Schreibmaschine und des Schriftstellers berichtet, der mittlerweile die Hälfte seines irdischen Daseins mit diesem kreativen Werkzeug sämtliche seit 1974 entstandenen Texte geschrieben hat...


    Auster mag keine Computer, hat Respekt vor der Technik, hat von Freunden nichts Gutes über elektronische Datenverarbeitung vernommen...also wird die gute, alte Olympia (ein deutsches Fabrikat) ihn weiterhin begleiten. Austers Ode an sein Schreibgerät klingt unaufgeregt, amüsant, anekdotenreich und ehrlich. Ein kurzer Blick hinter die Kulissen eines Schriftstellers.


    Bereichert und sehenswert wird das Buch durch die vielen Fotos von Werken des amerikanischen Künstlers Sam Messer, der seit etlichen Jahren die Schreibmaschine des Autoren und Auster selbst in Öl, mit Bleistift, Kohle und Tinte festgehalten hat.


    Fazit:
    Insgesamt eher ein Sammlerstück für Fans des Schriftstellers...liebevoll gestaltet und mehr Kunst als Literatur.


    Bewertung: ****

  • Ausgelesen: Paul Austers "Die Musik des Zufalls"


    Ein etwas anderes Werk dieses Schriftstellers...eine erstaunlich geradlinig erzählte Geschichte über die Macht des Zufalls, über Schicksal, über zwei Personen, die sich durch eine Anzahl von zufälligen Begebenheiten schließlich in einer fast schon surealen Situation wiederfinden und im Laufe der Handlung auf Gedeih und Verderb dem Willen zweier Millionäre ausgeliefert sind, die von Paul Auster hervorragend charakterisiert werden...anfangs beinahe als einfältig und verschroben dargestellt, mutieren sie später zu unheimlichen und bedrohlichen Gestalten...


    Dieses Buch besitzt für mich noch viel mehr Anleihen an Franz Kafka als andere Werke Austers...ausweglose, unheimliche und groteske Situationen kennzeichnen den Plot. Wie immer ausgezeichnet formuliert, mit zwei sympathischen Protagonisten ausgestattet und durch einen radikalen Schluß geprägt...


    Fazit: Ein interessantes Buch, ohne überflüssigen Ballast erzählt, auch wenn mir einige andere Werke Austers bisher besser gefallen haben...


    Bewertung: ****

  • Paul Auster schreibt an neuem Buch
    300 Seiten sind schon fertig - ein Ende
    ist dennoch nicht in Sicht.

    Das neue Buch des US-amerikanischen Autors Paul Auster
    wird nach dessen Worten etwas ganz Großes, das noch
    Jahre braucht, bis es fertig ist. Den Titel hat er den Gästen
    seiner jüngsten Lesung in New York dennoch verraten:
    Das neue Buch soll "Ferguson" heißen und von einem Mann
    dieses Namens erzählen. Dass deutsche Leser vermutlich
    dennoch nicht mehr lange auf einen neuen Auster-Roman
    warten müssen, hat einen anderen Grund:
    Die Übersetzung seines Werks "Report from the Interior"
    ist hierzulande noch nicht erschienen.
    quelle: d-radio :)

  • ich kann die unsichtbare frau :thumbup: von siri hustvedt wärmstens empfehlen funker! für mein empfinden ein weiblicher
    romangegenpol zu hubert selbys der dämon.


    andere romane von ihr haben bei mir nicht gezündet, sind sicher literarisch
    bedeutsam. meist sind ihre werke spröder, verkopfter als die ihres mannes.

  • bei fischer erscheint nun der briefwechsel von j.m. coetzee und paul auster in der
    übersetzung von reinhild böhnke und auster-kenner werner schmitz.
    Von hier nach da: Briefe 2008-2011 als tb.
    geht die rororo-ära zuende ??? :?:8| :wacko:

  • Ich glaube nicht, Jörg...da Coetzee schon immer im Fischer-Verlag verlegt wurde (und Reinhild Böhnke die Hauptübersetzerin seiner Werke ist, wie Werner Schmitz für Auster), mußte wohl geknobelt werden, ob der Briefwechsel bei Coetzees deutschem Verlag oder bei Austers deutscher Literaturheimat erscheint. Fischer hat offenbar gewonnen... :)


    Aber ich bin mir sicher, dass der nächste Auster-Roman wie gewohnt bei Rowohlt erscheinen wird...

  • Ausgelesen: "Die Brooklyn-Revue" von Paul Auster.


    Dieses Buch von Auster liest sich anders als seine sonstigen Werke. Einfacher. Geradliniger. Aber nicht schlechter, wie viele Kritiker in Zeitungen und Zeitschriften seinerzeit bei Erscheinen des Romans geurteilt haben...im Gegenteil, dieses Buch hat mich beim Lesen mit tiefer Freude erfüllt, es ist wahnsinnig unterhaltsam und kann meines Erachtens trotzdem nicht zum Mainstream gerechnet werden, dazu ist es zu tiefgründig und sprachlich zu gut formuliert.


    Die Geschichte, eine Art Familienstory nach John Irving-Art, lebt vor allem durch seine umwerfenden und sympathischen Charaktere. Scheinen in anderen Auster-Werken die Figuren oftmals lediglich der Unterstützung der komplexen Plotstruktur zu dienen, gelingt dem Autor hier ein Aufgebot von Personen, deren Schicksal dem Leser zu Herzen geht, mit denen er sich freut, leidet, lacht und weint. Auster vermeidet hier auch seine üblichen vertrackten, manchmal konstruiert wirkenden Plots, in denen mehrere Geschichten ineinander verschachtelt sind. Bei der "Brooklyn-Revue" erzählt er chronologisch (von gelegentlichen Rückblenden abgesehen), und die einzigen literarischen Experimente bestehen aus einem Kapitel, das im Präsens geschrieben ist und einem weiteren, welches in einem drehbuchartigen Stil verfasst ist. Dieses lockere, leichte Erzählen hat wahrscheinlich die Kritiker gegen ihn aufgebracht. Auster muß immer kompliziert schreiben, stets mit offenen Enden hantieren und darf um Gottes Willen nicht optimistisch daherkommen...


    Und genau diese Kritikpunkte machen das Buch so wunderbar...ja, es ist optimistisch und entspannt, oftmals humorvoll und komisch. Und trotzdem nachdenklich und intelligent. Und es handelt auch von Austers Grundthemen: Zufall und Schicksal. Dieses Werk zeigt, dass unser gesamtes Leben aus Zufällen besteht. Zudem kenne ich kaum einen Schriftsteller, der so flüssig und gut zu lesen ist wie Paul Auster. Seine wunderbaren Sätze fließen nur so dahin...was vermutlich auch ein Verdienst seines Dauerübersetzers Werner Schmitz ist.


    Fazit: Unbedingt lesenswert! Bislang mein Favorit unter den Auster-Büchern, auch wenn es im Gesamtwerk eine Sonderstellung einnimmt. Wunderbar formuliert, intelligent und komisch. Wirklich genial!


    Bewertung: *****+

  • Hm, man muß einfach zu viele gute Schriftsteller im Auge behalten, da verliert man schon mal den Überblick...
    Ich hatte gar nicht bemerkt, dass das neue Werk von Paul Auster bereits vor einigen Tagen auf Deutsch erschienen ist..."Bericht aus dem Inneren" stellt quasi den zweiten Teil seiner Lebenserinnerungen dar, die er im letzten Jahr mit "Winterjournal" eingeleitet hatte...


    http://rowohlt.de/buch/Paul_Au…_dem_Inneren.3056752.html

  • Ausgelesen: "Das Buch der Illusionen" von Paul Auster.


    Ein großes Werk, vielschichtig und verschachtelt wie üblich, aber weniger kryptisch als z. B. "Stadt aus Glas" oder "Nacht des Orakels".


    Ein Mann, der seine Frau und seine Söhne bei einem Flugzeugabsturz verloren hat, schreibt (um sich zu trösten und sich abzulenken) ein Buch über einen verschollenen Stummfilmkomiker und setzt damit, ohne es zu ahnen, eine Kette von verhängnisvollen Ereignissen in Gang...
    Das Buch arbeitet (wie bei Auster üblich) mit mehreren Erzählebenen, die auf intelligente Weise miteinander verknüpft sind. Teilweise besteht das Buch aus längeren Rückblenden und Auster beschreibt minutiös die Filme des Stummfilmkomikers mit einer derartigen Detailfreudigkeit, dass man als Leser vollkommen vergisst, dass sich der Schriftsteller Auster den kompletten Plot des Buches (und somit auch die so authentisch wirkenden Einzelheiten) ausgedacht hat. Auch die Charaktere sind interessant und rätselhaft genug, um durch das gesamte Buch hindurch zu faszinieren, allen voran Alma Grund, eine Frau, die Auster mit einer gewissen geheimnisvollen Aura umgibt.


    Kritiker mögen einwenden, dass Austers Bücher oftmals ein wenig konstruiert wirken, ein Einwand, der nicht völlig von der Hand zu weisen ist, der jedoch daher rührt, dass der Schriftsteller stets auf mehreren Erzählebenen arbeitet und auch hier wieder eines seiner großen Hauptthemen aufgreift, nämlich die Macht des Zufalls. Diese Stilmittel verleihen Paul Austers Werken stets etwas Märchenhaftes, was bei vielen Lesern unter Umständen zu oben genannter Kritik führen kann.


    Seine Prosa ist flüssig und ist trotz ihre Komplexität von einer wunderbaren Lesbarkeit, was natürlich auch wieder einmal ein Verdienst von Werner Schmitz ist, der bis auf wenige Ausnahmen sämtliche Auster-Bücher übersetzt hat. Das titelgebende 'Buch der Illusionen' kann interessanterweise mehrere Bedeutungen haben...ist damit das Buch gemeint, welches der Protagonist über den Stummfilmkomiker schreibt? Oder die von Alma Grund verfasste, fiktive Biografie, die ebenfalls zur Handlung beiträgt? Oder meint Auster sein eigenes Buch damit, weil er dem Leser ja mit seinem Roman ebenfalls ein 'Buch der Illusionen' präsentiert...?


    Wer Auster nicht kennt, dem sei dieses Buch als Einstieg ans Herz gelegt, da es nicht so rätselhaft wie seine Frühwerke ist, aber trotzdem vielschichtig genug, um einen Eindruck von Austers Schaffen zu vermitteln.


    Fazit: Eines meiner Bücher des Jahres, spannend, dramatisch, tragisch und traurig, anspruchsvoll und voller Sprachmächtigkeit...großartig!


    Bewertung: *****+

  • Ausgelesen: "Im Land der letzten Dinge" von Paul Auster.


    Paul Auster begeistert mich wirklich mit jedem Buch mehr...dieses recht kurze Werk, 1987 erschienen, behandelt ein für Auster eher ungewöhnliches Thema, es ist ein dystopischer Roman, ein Briefroman mit Endzeitinhalt.
    Eine junge Frau mit Namen Anna Blume schreibt einen langen Brief, der den Empfänger (ihren nicht näher bezeichneten Jugendfreund) vermutlich nie erreichen wird. Anna war auf der Suche nach ihrem verschwundenen Bruder in eine große Stadt gekommen, in der irgendetwas geschehen sein muß, das die normalen humanen Maßstäbe außer Kraft gesetzt hat. Was genau, bleibt ungeklärt. Eine düstere, brutale und unmenschliche kleine Welt, aus der es offenkundig kein Entrinnen gibt. Der Roman beschreibt mit Annas Worten ihre Erlebnisse und ihren Werdegang in dieser apokalyptischen Stadt.


    Interessant dabei ist, dass der Rest der Welt offenbar völlig unbeschadet ist, nur in dieser großen Stadt (gemeint könnte New York sein, da Auster in dieser Stadt seinen Lebensmittelpunkt hat) regiert das unmenschliche Chaos. Die Erzählung steckt Auster-typisch voller Ideen und interessanter Charaktere und ist wieder einmal großartig und flüssig geschrieben. Ein wichtiges Prosamittel des Schriftstellers kommt auch hier zum Einsatz: Sein Spiel mit dem Zufall. Das Buch besteht aus einer Menge Zufällen, was bei Auster aber nicht mangelnde Fantasie, sondern Teil seiner schriftstellerischen Philosophie ist. Man kann viel in diese Erzählung hineininterpretieren...Anklänge an das 3. Reich, die zunehmende Gewalt in Großstädten, ein Plädoyer für Humanität...Auster schreibt gewohnt vielschichtig.


    Das Buch ist stellenweise grausam, viele Szenarien sind bedrückend, jedoch ist der Roman durchgehend auf einem hohen erzählerischen Niveau angesiedelt. Das einzige vergleichbare endzeit-artige Werk in dieser Qualität ist für mich Cormac McCarthys "Die Strasse".


    Fazit: Auster ist anscheinend immer interessant und höchst lesbar, seine Bücher bleiben auch nach der Lektüre lange im Gedächtnis...auch (oder gerade) in diesem Fall. Die Protagonistin Anna Blume schlägt sich durch ein erbarmungsloses Leben und man hofft, dass sich für sie am Ende alles zum Guten wendet. Für Endzeit-Fans ein Lesetipp, wenn sie abseits der ausgetretenen erzählerischen Pfade Paul Auster kennenlernen wollen.


    Bewertung: *****