Paul Auster

  • für das verständnis meiner lektüre von "4321" ist das nur zwischen 10 und
    15 seiten pro tag lesen schon hilfreich. archie fergusons leben ist durch die
    aufspaltung in mögliche sphären eigentlich unübersichtlich, die parallel-
    welten-idee austers macht diese story zu einer boulevard-zeitung die man durchblättert,
    aber nicht von a-z liest.
    nun liest man den roman aber doch linear.
    aber den obigen effekt im sinn, --- liest man scheinbar nach eigener auswahl, bzw.
    der von paul auster diktierten.


    es geht viel um beziehungen in 4321, seien es die privaten, die von kunst
    und publikum, die geschichtlichen.
    es geht viel um sex, auf austers art, aber viel hinterfragender, viel europäischer.
    es geht um die geheimnisse die ein anderer mensch mit einem teilt, oder
    nicht. ...

  • Ich freue mich ebenfalls schon sehr auf das Buch, Jörg, aber schon alleine aufgrund seines gewaltigen Umfangs (von der vielgestaltigen Geschichte mal abgesehen) werde ich das Werk dann auch in kleinen Häppchen lesen (hat mir seinerzeit beim ersten Band von Proust's "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" auch wirklich gut geholfen)...

  • das buch ist viel zu schwer, zur arbeitsweg-mitnahme nicht so geeignet.


    aber so langsam begreife ich - was auster damit aussagen will.
    und das erlesene wird transparenter.
    warum "4321" verfasst wurde, warum auster sich die mühe antat,
    so ein üppiges - dickes, fettes buch zu schaffen ...


    siehe auch den bezug zu charles dickens ... der ja auch umfangreiche
    bücher schrieb. "in fergusons kopf begannen jetzt bücher mit büchern
    zu reden." (seite 508).

  • die weitere lektüre von austers epos macht deutlich was
    auster, in seiner hinterfragenden art - ausmacht.
    er ist eben nicht nur ein hervorragender erzähler, sondern
    ein wahrheitsforscher, der in die tiefen geht, indem er
    die beziehungen seiner protagonisten durchleuchtet
    und ihnen neue chancen gibt ... wege zu begradigen.

  • weiter gehts im gemächlichen, gänseblümchen-pflück-tempo durch
    die landschaften von austers "4321" -roman.
    vier themen bilden das gerüst des romans:
    --- die beziehungen archies zu seinen eltern, verwandten, freunden...
    --- sein schriftstellerischer werdegang. seine ausbildung, seine jobs.
    --- die im buch jeweils aktuelle us-geschichte und wie sie archie fergussons
    denken und taten beeinflußt.
    --- archies sex-leben.


    dadurch das archie unterschiedliche leben erfährt, in diesem alternativ-welten-roman,
    sind die karten verschieden gemischt.

  • man kann sicher viele sätze über "4321" verlieren.
    besonders sagt mir dieses buch, der erzähler auster geht in
    die abstrakte richtung, gerade weil er konkret wird.
    parallelwelten in austers sinne bieten nicht sf - stories, sondern
    möglichkeiten des selbstverständnisses. insofern dürfte das
    üppige buch austers tiefste abrechnung mit sich selbst sein. mutig!

  • Und es liest sich (wie ich bereits nach wenigen Seiten feststellen kann) wieder sehr flüssig, geschmeidig, die Worte fließen dahin...was natürlich auch an den vier erstklassigen Übersetzern liegt. Mich würde brennend interessieren, welche Abschnitte jeweils welcher Übersetzer eingedeutscht hat, ist diesmal leider nicht klar vermerkt...

  • Es ist (mal wieder) eine wahre Freude, im neuesten Werk meines Lieblingsschriftstellers Paul Auster zu schwelgen; sein opus magnum (oder eher opus summum) "4321" glänzt durch eine stattliche Anzahl von Charakteren, die von Auster so plastisch dargestellt werden, sodass man beim Lesen völlig vergißt, dass man eine erfundene Geschichte vor Augen hat.
    Auch wenn ich erst bescheidene 60 Seiten hinter mir habe (die 10-Seiten-pro-Tag-Variante bewährt sich), erahne ich schon das gewaltige Panorama, dass dieser Mammutroman entfaltet, und das bei völligem Fehlen von wörtlicher Rede, die man bei dieser literarischen Fleißarbeit auch nicht vermißt.
    Die hervorragenden Übersetzter tun ihr Übriges für den Lesegenuß... :thumbup:

  • austers aufarbeitung, der us-politik über die jahrzehnte seines
    lebens hinweg, dürfte ernüchternd sein, zumindest für demokratisch gesinnte menschen.
    innen- und außen-politisch haben die, sich als besser als alle anderen fühlenden,
    mächtigen der weltmacht einen mist nach dem anderen gebaut.
    auster drückts freilich meist netter aus ....

  • auster stellt bi und gay - sexualität, im leben seiner hauptfigur
    archie, ausführlich dar. biographische auster-wirklichkeiten oder pure
    phantasie ? 8o
    bei einigen kritiken habe ich den eindruck, die rezensenten haben
    den üppigen roman nicht vollständig gelesen. :thumbdown:

  • in der longlist des man booker prize 2017 findet man
    u.a. auch paul austers "4 3 2 1" nominiert.


    ich bin in der zielgeraden des buches und bin drauf und
    dran austers roman seinen ulysses zu nennen.
    noch nirgends zuvor war auster mutiger was erzählweise
    und aufbau angeht. und er läßt alles zu, gerade auch unbequemes.
    er zeigt deutlich auf, wie mißerfolge und triumphe aus einem
    leben einen roman machen. ROMANtik.

  • mein 80. erlesenes buch im laufenden jahr:
    4 3 2 1 - paul auster
    rowohlt, hc, 2017, 1261 seiten.


    lesezeit: 73 tage, vom 28. mai - 8. august 2017.
    durchschnittliche seitenzahl pro tag: 17,27 seiten.


    man sollte sich schon in leben und werk austers heimisch fühlen, will man dieses
    umfangreiche monster von buch angehen, denn es ist ein schwergewicht von
    roman, im flirrenden, leichten gewand der auster prosa.


    das buch zeigt das pralle leben, seine süße und bitterkeit.


    das buch handelt vom entdecken und verlieren.


    das buch fesselt einen, erfreut einen, stößt einen ab, schildert ein leben in all
    seinen möglichkeiten. der flüchtige hauch des daseins, die scheinbar unbedingte
    wichtigkeit eines lebens - somit scheint es statisch, im sinne von verkopft.


    das buch hat mich nicht auf eine reise mitgenommen, wie andere auster - werke,
    es hat mir einblicke gewährt als wäre ich archie fergusson aka paul auster, und das hat
    mich bewegt, im positiven - wie im negativen. nachatmen ist nicht leicht.
    es ist kein lieblingsbuch für mich vom hochgeschätzten new yorker autoren, sondern
    ein stöhnen in gediegenen sätzen über die lebendigkeit und das destruktive.


    es ging ans eingemachte, erzwang griffe ins abgründige, es ging um die letzten dinge.
    da wo sprache ein frommer wunsch ist.
    --- danke paul auster!!! ein äußerst mutiges buch. <3


    werdespuren: siehe meine posts im thread hier und in "ich lese gerade" ...

  • Schöne Rezension, Jörg! :thumbup: Ich persönlich werde noch eine ziemliche Weile an Austers Opus lesen, aber auch wenn ich jetzt schon weiß, dass das Buch (wie bei Dir auch) keines meiner Auster-Favoriten wird, zeigt dieser Ausnahmeautor nichtsdestotrotz, dass er ein begnadeter, äußerst detaillierter Schriftsteller ist.

  • Ausgelesen: "4321" von Paul Auster.


    Dieser aktuelle Roman meines Lieblingsschriftstellers wird als sein "Opus magnum", sein Lebenswerk bezeichnet, und dies vermutlich aus zwei Gründen: Erstens ist da die schiere Länge des Romans, ein für Auster-Verhältnisse exorbitant dickes Werk, ziegelsteinschwer, seitenstark, einfach übermäßig umfangreich. Zweitens hat Auster in diesem Roman mehr autobiographische Details eingebaut als jemals zuvor.
    Der Inhalt ist bekannt, es werden vier Lebensalternativen eines Jungen namens Archibald Ferguson geschildert, gegliedert in komplexe, große Romanabschnitte, die jeweils den Werdegang des Protagonisten von der Kindheit und der gesamten Adoleszenz hindurch bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter beschreiben, verbunden mit allen Höhen und Tiefen (inklusive frühem Tod), die ein Leben für einen jungen Menschen bereithalten kann. Der Roman ist unheimlich detailreich, gespickt mit vielen Haupt- und Nebencharakteren und ständigen Verknüpfungen von fiktiven Handlungen und realen Ereignissen der jüngeren amerikanischen Geschichte.


    Faszinierend zu lesen, jedoch nimmt dieses Werk Austers bei mir persönlich nur einen Platz im Mittelfeld seines Schaffens ein. Dies hat mehrere Gründe: Das Hauptproblem ist die bereits angesprochene Länge des Buches. Es ist mir schlichtweg zu umfangreich, daher trat während meiner mehrmonatigen Lektüre immer wieder die eine oder andere Ermüdungserscheinung auf, und nur weil es ein Buch von Paul Auster ist, zwang ich mich zum Weiterlesen. Letztendlich hat sich das Durchhalten gelohnt, das Werk ist in seiner Gesamtkonzeption faszinierend, aber dies wäre es auch gewesen, wenn es statt rund 1250 nur 600 Seiten gehabt hätte. Durch die ausufernde Länge schleichen sich immer wieder redundante Erzählstränge ein; die einzelnen Leben Fergusons gleichen sich oftmals zu sehr, vieles ist handlungstechnisch zu ähnlich.
    Ein weiterer persönlicher Kritikpunkt ist die Tatsache, dass Auster bei der Kreation der einzelnen Fergusons zu gleichförmig vorgegangen ist: Alle vier Versionen sind sportliche Asse, alle vier sind literaturbegeistert und lesen ständig tonnenweise Bücher, die Normalsterbliche nicht mal aussprechen können, alle vier sind überdurchschnittlich intelligent, politisch interessiert und überhaupt durch die Bank nette Kerle. Hier war Auster zu wenig experimentierfreudig; natürlich wollte er in die Figuren viel von seinem eigenen Leben einfließen lassen, aber das hätte ja auch bei zwei Ferguson-Versionen gereicht. Warum ist z.B. eine der Versionen nicht strohdoof, vielleicht aufgrund einer genetischen Fehlfunktion? Es wäre doch interessant gewesen, wie sich ein Ferguson durchs Leben schlägt, der keinen Schulabschluß hat und dementsprechend auch kein College in Sicht ist. Da gäbe es Dutzende Möglichkeiten, aber Auster wählt stets die gleiche Grundsituation und variiert dann den weiteren Verlauf mal mehr, mal weniger stark.
    Unabhängig davon geht es auch in diesem Buch um Austers bevorzugte (und faszinierende) Themen, dem Zufall und dem Schicksal.


    Letztendlich bleibt trotz allem ein Werk von beachtlichem sprachlichen Glanz, Auster verwendet hier erstmals ellenlange Sätze, die wie bei Thomas Mann oftmals fast eine Seite umfassen, jedoch durch Austers brillant fließende Sprache stets verständlich sind. Neben den vielen eingebauten Details aus Austers eigener Biographie findet man auch immer wieder schöne Anspielungen auf frühere Werke des Autors (z.B. das Auftreten der Charaktere David Zimmer und Marco Stanley Fogg aus "Mond über Manhattan" und "Das Buch der Illusionen"). Diese Anspielungen machen sehr viel Spaß und wenn man schließlich das riesige Werk beendet hat, weiß man trotz einiger Bemängelungen doch, dass man etwas Großes, Bleibendes gelesen hat.
    Ein Lob auch an die vier Übersetzer, denen es gelungen ist, so zu klingen wie Austers Stammeindeutscher Werner Schmitz (der einer die vier ist). Die Übertragung in unsere Sprache wirkt wie aus einem Guss.


    Fazit: Ein wahres Opus, sprachlich (wie immer bei Auster) brillant, mit vielen hervorragenden, zu Herzen gehenden Szenen. Leider aber auch viel zu lang und oftmals zu gleichförmig. Für Bewunderer des Autors natürlich eine Pflichtlektüre, auch wenn mich im Vergleich zu diesem Buch Austers Meisterwerke "Mond über Manhattan", "Die Brooklyn-Revue", Das Buch der Illusionen", "Unsichtbar" oder "Nacht des Orakels" um Längen mehr fasziniert haben.


    Bewertung: ****+

  • Nun sind schon wieder einige Tage vergangen, seit ich Paul Austers "4321" beendet und das Buch zugeklappt habe...und auch, wenn es in meinen Augen etwas zu voluminös und nicht ganz perfekt war, kehren meine Gedanken seitdem jeden Tag zu diesem Romanepos und seinem 4-Fach-Protagonisten Archie Ferguson zurück...und hier zeigt sich, was außergewöhnliche Literatur bewirken kann, wenn nämlich einige Zeit nach der Lektüre kleine Schwächen des Buches oder die eigene Kritik daran verblassen und nur noch das Werk an sich für den Leser erstrahlt. Paul Auster hat es mit "4321" letztendlich doch wieder (bei mir) geschafft, auf diese Weise zeigt sich ein großer Autor.


    Und Paul Auster ist der Grösste.

  • Siri Hustvedt, paul austers frau, über ihren Essay "Die Illusion der Gewissheit"
    Plädoyer für ein ganzheitliches Verständnis vom Menschen
    Siri Hustvedt im Gespräch mit Liane von Billerbeck


    In ihrem neuen Essay macht sich die Autorin Siri Hustvedt Gedanken über die
    komplexesten aller Fragen:
    Was ist der Mensch?
    Was ist Denken?
    Wie hängen Geist und Körper zusammen?
    Gefühle, sagt sie im Interview, haben wir auf der biologischen Ebene noch nicht
    genau genug verstanden.

    http://www.deutschlandfunkkult…ml?dram:article_id=418106