Bernard Minier

  • Wer wie ich bei den Pausen von Grange Entzugserswcheinungen spürt, kann diese jetzt mit Bernard Minier mildern.


    Bernard ist in den Pyrenäen aufgewachsen, 1960 geboren und im Hauptberuf Zöllner. Anscheinend ist der Beruf seit den Grenzöffnungen recht langweilig, sodass er begann Kurzgeschichten zu schreiben. Und sich dan an seinen ersten Roman traute, der sich gut verkaufte und auch in Deutschland eine große Leserschaft fand. Man nehme Grange, ein düsteres Bild von Frankreich und eine kleine Prise Thomas Harris und man hat Minier.


    Schwarzer Schmetterling - 2011
    Kindertotenlied - 2012


    sind seine bisherigen beiden Bücher, die sich um Commandant Servaz drehen. Ein drittes Buch ist in Arbeit. Wird von mir sicher ebenfalls eingekauft.

    The water in my whisky is the poison in my brain

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    Bernard
    Minier. Hochsommerliche Hitze und heftige Gewitter belasten die Menschen im Süden Frankreichs, als ein brutaler Mord geschieht. Eine Professorin der Elite-Universität Marsac liegt ertrunken und grausam gefesselt in der Badewanne. In ihrem Rachen steckt eine Taschenlampe. Ohrenbetäubende Musik von Gustav Mahler schallt durch die Nacht.
    Kindertotenlieder. Beklemmung macht sich in Kommissar Martin Servaz breit. Ist Mahler doch der Lieblingskomponist des hochintelligenten und seit Monaten flüchtigen Serienmörders Julian Hirtmann. Hauptverdächtig ist jedoch ein Student: ausgerechnet der Sohn von Kommissar Servaz` Jugendliebe. Die Ermittlungen führen den Kommissar zu einem mysteriösen Studentenzirkel und zwingen ihn zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. Amicus mihi Plato, sed magis amica veritas – Platon ist mir lieb, aber noch lieber ist mir die Wahrheit, lautet sein Motto. Dochdie Wahrheit wird ihn in diesem Fall schmerzhaft an die Grenzen des Vorstellbaren bringen.


    Martin Servaz wird eines Nachts angerufen. Es ist seine Jugendliebe Marianne und ihr Sohn ist in Schwierigkeiten. Er wird am Pool eines Hauses gefunden. Der Pool ist
    voller Puppen, im Hause liegt die Besitzerin tot in der Wanne. Sie war eine Lehrerin des Studenten. Also eilt Servaz zu Hilfe. Und wird mit seiner Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert. Nicht nur, dass er selbst dort studiert hat, auch seine Tochter ist derzeit hier Studentin. Er kennt einen der Lehrer/Professoren sehr gut. Es ist sein ehemaliger
    bester Freund Francis. Wegen ihm hatten sich damals Servaz und Marianne entzweit. Statt Schriftsteller wurde Servaz nun Polizist. Nach und nach tun sich mehrere Wege zu verschiedenen Verdächtigen mit den unterschiedlichsten Motiven auf. Zum einen wären da ein Studentenkreis, über den kaum jemand Kenntnis hat, ein Politiker, der sich in Lügen
    verstrickt, der junge Hugo und diverse vermeintliche Hinweise, welche die Tote hinterlassen hat. Und zu allem Übel mischt sich auch noch seine Tochter in die Ermittlungen ein. Womit er aber wirklich überhaupt nicht gerechnet hat, war die Tatsache, dass der flüchtige schweizerische Serienkiller Hirtmann möglicherweise nun hier herumspukt. Mit der
    Unterstützung seines Teams versucht Martin Servaz den Fall aufzuklären, bringt sich aber selbst in Schwierigkeiten, als er einen Unschuldigen, den er für Hirtmann hält, erst zusammenschlägt und dann befragt bzw. aus Scham abhaut, bevor er Fragen stellen kann. Sofort wird er zum Chef nach Toulouse zurück zitiert und erhält einen fetten Rüffel. Dennoch darf er weiter ermitteln, da hinter den Kulissen jemand zu seinen Gunsten interveniert hat.


    Aus dem Telefonat nach dem Mord entwickelt sich ein düsterer, unheimlicher Thriller, der "Schwarzer Schmetterling" in nichts nachsteht. Zudem werden das Privatleben und die
    Vergangenheit des Martin Servaz seziert, erfährt der Leser, warum der Polizist oft so distanziert erscheint, wie es ihn zur Polizei verschlagen hat. Der Protagonist sowie die Hauptfiguren erfahren eine ausführliche Charakterzeichnung und Bernard Minier entwickelt aus dem anfänglich recht simplen Fall von Mord - vermutlich aus Eifersucht -,
    der sich zu einem komplexen Geflecht aus Lug und Trug, Politik und Hass zusammenfügt und richtet dabei auch sein Augenmerk auf die französische Gesellschaft , die sich mehr für die Fußball WM 2010 und den Rumpelfußballern der Nationalmannschaft interessiert, denn für die Geschehnisse um sie herum, er kritisiert das Gesundheitswesen ebenso wie
    die Verschwendungssucht von Politikern, die finanzielle Vorteilnahme aus Steuergeldern für ihr verbrieftes Recht halten (geht ja hierzulande nicht anders zu) und macht sich Gedanken zur Bildungspolitik ("Wo der Fernseher leuchtet, wacht jemand, der nicht liest") Zusatz: Das könnte von Jörg stammen, oder Jörg?, die man auch gut auf Deutschland übertragen könnte und da unsere Länder von Schreihälsen geradezu überschwemmt sind, tut Blödheit wohl doch weh. Was er sich aber trotz vorhandener Möglichkeiten verkneift, ist die Produktplatzierung. Wirkt einfach positiv nach den werbeverseuchten Romanen der Massenschreiber wie Brown, Grisham und Co. Im letzten Drittel gönnt Bernard Minier seinem vielschichtigen und beklemmenden Thriller neuen Schwung, sodass sich eine spannende und tiefgründige Lektüre entwickelt, die beweist, dass sein "Schwarzer Schmetterling" kein "One-Book-Wonder" war und dass er durchaus mit Jean Christophe Grange mithalten kann. Und auch hier ist nicht jede Lösung oder jedes Ende die perfekte Welt, die man sonst so vorgesetzt bekommt. Ach ja, das Korrektorat sollte sich vielleicht mal hinterfragen, ob es Berufsbezeichnung und Gehalt wirklich wert ist. Im Gegensatz zu dem wirklich gelungenen und starken Roman sehr verbesserungswürdig, da man nicht einmal merkt, wenn aus David plötzlich Daniel wird usw. Martin Servaz wird übrigens im dritten Roman von Bernard Minier ebenfalls wiederkehren.

    The water in my whisky is the poison in my brain

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    Bernard Minier. Ein abgeschiedenes Dorf in den französischen Pyrenäen, eingeschlossen von Schnee und Eis. Eine geschlossene Anstalt, ein Wasserkraftwerk in 2000 Metern Höhe und ein hochintelligenter Psychopath mit einem teuflischen Plan. Ein verstörender Alptraum wird Realität.


    In den Pyrenäen wird bei einem Wasserkraftwerk ein grausamer Fund gemacht. Hinzugezogen wird ein Commandante aus der Stadt Toulouse, da die Befehlshaber von einem mächtigen Konzernchef genötigt werden, alles andere ruhen zu lassen, um den Fall zu klären. So erklärt sich Commandante Martin Servaz bereit, zusammen mit Capitaine Irene Ziegler von der Gendarmerie die Ermittlungen zu leiten. Diverse Theorien über den Tathergang werden diskutiert, bis man die DNA eines der Insassen der Heilanstalt vor Ort am Tatort entdeckt. Problem: die Klinik ist mit besten Sicherheitsmaßnahmen gegen die hochgefährlichen Psychokiller des Instituts versehen. Wie sollte da einer rauskommen? Man trifft dort auch auf Diane Berg, die tags zuvor erst ihre Stelle hier angetreten hat. Als diese später zufällig ein Gespräch zwischen dem Leiter der Anstalt und der Chefpflegerin mithört, beginnt sie selbst rumzuschnüffeln, da sie vermutet, dass innerhalb der Klinik einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. In der Ortschaft im Tal spitzt sich die Lage zu, weil jetzt auch dort Menschen ermordet werden oder andere spurlos verschwinden. Jede neue Spur führt die Polizisten immer mehr zu alten Geheimnissen, die in dem Ort unter Verschluss gehalten werden. Hat der Fall wirklich nur oder überhaupt mit der Klinik zu tun?


    Bernard Minier baut in seinem Debüt "Schwarzer Schmetterling - Glace" schon zu Beginn eine düstere Atmosphäre auf. Eine einsame Klinik, die wie ein Prunklbau aus alten Zeiten am Berg hängt, der in Eis und Nebel seine schroffen Züge unter einem wolkenverhangenen Winterhimmel zeigt, dazu das grässlich an den Berg drapierte Opfer. Seine Protagonisten sind alle Menschen mit Problemen aus ihrer Vergangenheit, die sie nicht verarbeitet haben, denen man inklusive der neuen Therapeutin der Klinik selbst hin und wieder eine Sitzung empfehlen würde gegen ihre Ängste und Befürchtungen und depressiven Attacken. In Rückblenden stellt Minier deren Lebenswege vor, nimmt sich aber auch die Politik und die Gesellschaft zur Brust. Ob es nun die gutbezahlten Manager sind, die ja ach soviel Verantwortung tragen für Firma und Mitarbeiter, die aber im Versagensfalle doch nur mit Entlassung reagieren oder schlimmstenfalls selbst mit hohen Abfindungen freigestellt werden. Von Verantwortung keine Spur, wie man derzeit ja auch beim Bankensektor sieht. Da darf der Steuerzahler und bald auch der Sparer ran und die Verursacher werden verschont und lachen sich ins Fäustchen. Die Politik kriegt ihr Fett
    weg, da sie den Konzernen, die ihr Handeln eh schon fast bestimmen, keine Steine in den Weg legt, wenn es an die Ausbeutung ihrer Mitarbeiter oder der Natur geht. Heute wird die Welt doch schon fast von Konzernen regiert und die Menschen zur Ware degradiert, während die Regierung sie umfassend kontrollieren will - die Gesellschaft, nicht die
    Konzerne und ihre hochbezahlten Manager. Doch auch in der Gesellschaft läuft einiges schief, wenn Jugendliche völlig ohne Reue einen Obdachlosen totschlagen und dann noch von ihren Eltern bestätigt werden mit Sätzen "der war eh nur ein Parasit und Schnorrer, nicht schade drum". Alles verroht und könnte mit den vielen neuen Medien
    zusammenhängen, die den Typen auch noch Aufmerksamkeit schenken und über die sich die Spinner, Killer, Holligans oder gar Selbstmordcliquen zu ihren Taten verabreden können. Das alles und noch mehr (Outsourcing, Medikamentenmissbrauch, Herstellung nur im lohnenden Fall usw.) hat Minier in seinen Psychothriller eingewoben, der mit einigen Wendungen gespickt ist und der der Klinik ein Ambiente wie in einem Horrorschinken gibt sowie zeitweise wirklich auf Augenhöhe mit Jean Christophe Grange ist.
    Spannung ist Programm in diesem hintergründigen Thriller und es ist ein fast rundum gelungenes Werk. Gegen Ende und hinsichtlich der Auflösung bleibt aber doch ein kleiner Makel, andererseits wird auch nicht alles so gelöst, wie man es in einer heilen Welt gerne hätte. Eines der stärksten Werke dieses Jahres, wenn auch nicht ganz an Grange heranreichend.

    The water in my whisky is the poison in my brain