Georges Simenon

  • @rohrli1987
    ich hab mich, u.a. im simenon-thread hier geäußert, daß ich für den beginn
    als simenon-lektüre empfehle ein gewisses alter zu haben und möglichst
    einen roman-dur von ihm zu lesen, also ein werk ohne maigret.
    mein einstiegs tipp ist "brief an meinen richter".
    trotzdem, finde deinen mut gut!
    ich habe simenon jahrzehntelang bloß umkreist...

  • Was mich auch etwas beim Lesen gestört hat, war das ich teilweise nicht wusste wer gerade mit wem agiert, da oft erst nach einigen Wortwechseln erst die Namen dazu kamen, wer jetzt mit wem redet.
    Aber vielleicht war es auch falsch es auf der Zugfahrt zu lesen, während kleine Kinder anwesend waren. , vielleicht werde ich es irgendwann nochmal lesen, mit mehr "Hintergrundwissen", ist ja ein dünnes Büchlein und schnell durch.


    Gibt es eine Empfehlung aus den akutell Aufgelegten vom Kampa Verlag?


    Der Schnee war schmutzig hätte ich noch hier als Non-Maigret von Simenon


    Was verstehst du unter "gewisses Alter"? Bin 32.

  • "der schnee ist schmutzig" hat mir gefallen.
    als einstieg ist er schon nicht übel.
    ich bin über die kampa - auswahl schon verwundert.
    hätte die auswahl anders getroffen.
    deshalb greife notfalls auf antiquarische bücher zurück.


    etwa 40 jahre ist, für mein dafürhalten, ein gutes einstiegsalter.


    nimm dir zeit und ruhe.
    bist du erstmal im simenon-flow liest er sich wie von selbst.

  • rohrli1987:


    Interessanterweise war "Die Nacht an der Kreuzung" auch mein erster Simenon/Maigret. Er hatte mir recht gut gefallen, rückblickend empfinde ich den Roman jedoch als einen der etwas "schwächeren" Maigrets. Werke wie "Maigret und die junge Tote", "Maigret als möblierter Herr" oder "Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes" zählen für mich zu Simenons klaren Favoriten, was die Figur Maigret angeht. Jörgs Tipp, mit einem 'Non-Maigret' zu beginnen, ist natürlich ebenfalls sinnvoll. Hier empfehle ich (neben dem von Jörg erwähnten großartigen "Brief an meinen Richter") vor allem "Das blaue Zimmer", "Sonntag", "Die Eisentreppe" sowie die Tür".
    Die von Dir erwähnten ungewohnten Wortwechsel ohne Namensnennung sind ein typisches Stilmittel Simenons...zu Beginn ungewohnt, doch man liest sich dennoch schnell ein und merkt, dass durch diese Erzählweise eine gewisse Rasanz der Geschichte erzielt wird. Teste Simenon auch weiterhin, es lohnt sich definitiv...viel Spaß!

  • heute beendet:
    georges simenon: "das große los".
    diogenes, tb, 1994, übersetzung: günter seib, 107 seiten.
    ein rares non-maigret-buch des meisters, es enthält drei erzählungen:
    * das große los, story von 1953.
    * die sängerin von der pigalle, story von 1952.
    * der krüppel mit der holzbirne, story von 1952.


    durch einen schuss wurde der, damals gerade pensionierte kommissar
    justin duclos, maigrets konkurrent, gelähmt und sitzt nun im rollstuhl,
    gepflegt von der kessen, emanzipierten lili, 20 jahre jung, seiner adaptivtochter.
    beide 1952er geschichten handeln von diesem kreativen gespann die mördern
    auf der spur sind.
    die titelgeschichte handelt von einem lotteriegewinn und dessen
    auswirkungen.
    insgesamt ein untypisches simenonbuch, aber einfach köstlich erzählt.
    von duclos und lili hätte ich gerne mehr, romane meinetwegen, gelesen.
    ganz klasse grundplot!


    ich liebe die diogenes-simenon-auswertung...
    kampa hat mich noch nicht so recht dabei überzeugt.

  • Hallo


    In meinen Regalen tummeln sich 39 Maigrets, wovon ich, Stand heute, 29 gelesen habe.
    Von den gelesen fand ich alle bis auf eine Ausnahme gut bis sehr gut.
    Wenn der Fall nicht der Bringer ist, dann ist die psychologische Seite interessant, oder schlicht die Beschreibungen der Örtlichkeiten und des öffentlichen Lebens zu dieser Zeit. Ein Cognac zum Frühstück? Läuft.


    Abbrechen musste ich "Maigrets Memoiren" - eine seltsame Mischung aus Roman und Biographie.


    Im TV haben mich die neuen Verfilmungen mit Rowan Atkinson sehr positiv überrascht.


    Gekauft habe ich noch keinen Maigret - ich jage sie auf Flohmärkten. Macht mehr Spass.


    Schönes Wochenende

  • @ Jörg: Somit kommt "Das große Los" unverzüglich auf meine geistige Einkaufsliste! :thumbup:


    @ Mimi: "Maigrets Memoiren" habe ich vor vielen Jahren gelesen (ironischerweise mein erster Simenon überhaupt), und fand es damals auch etwas merkwürdig...es existiert wahrlich Besseres von Simenon, finde ich, aber vermutlich ist das Buch auch ein wenig satirisch angelegt...

  • habe den, im april 2019 bei kampa erscheinenden, proto-maigret-roman
    "maigret im haus der unruhe" von georges simenon vorbestellt.
    eigentlich ist dieser, bisher in deutschland unveröffentlichte, roman die
    erste richtige große geschichte um den berühmten ermittler!
    daniel kampa, höchstpersönlich, hat dazu nachworte beigesteuert.

  • Gestern habe ich "Maigret und sein Neffe" begonnen.
    Das ist der 19. Maigret. 56 weitere sollten folgen.
    Schon kurios, dass in Nr. 19 Maigret bereits im Ruhestand ist. Hatte Simenon schon keine Lust mehr? Hat er aus irgendeinem Grund seine Meinung geändert um danach nochmals 56 Maigrets zu schreiben?
    Die einzige Info dazu, die ich gefunden habe stammt von Wikepedia. Dieser Teil sollte 1934 tatsächlich der Abschluss der Reihe sein.
    Wisst Ihr hierzu mehr?


    Gruss

  • das dürfte vor allem biographische gründe gehabt haben.
    schlußendlich, auch wenn er gerne größere erfolge im non-
    maigret-bereich gehabt hätte, hat simenon mit den maigrets,
    deutlich, am besten verdient.

  • @Mimi
    bessere infos als bei wikipedia findest du hier: https://www.maigret.de
    ich nutze wikipedia, wegen fehlern, zum thema simenon
    gar nicht mehr.


    mich stören spoiler nicht, wie bei maigret.de, aber wenn etwas wirklich
    beschrieben, gewertet, eingeordnet werden soll, ist es ja ohnehin notwendig...

  • am freitag kam bei mir eine vermeintlich kleine sensation an:
    "maigret im haus der unruhe" - georges simenon. --- deutsche erstausgabe!
    kampa, hc, 2019, übersetzung: thomas bodmer, nachwort: daniel kampa, 219 seiten.


    MAIGRET IM HAUS DER UNRUHE
    wurde inzwischen, ausführlich, auf oliver hahns maigret-seite besprochen:
    "Als Einstieg in die Maigret-Welt wird der Roman nicht enttäuschen,
    aber ich würde Einsteigern sowieso immer mehr die Maigrets aus der Mitte empfehlen."


    https://www.maigret.de/docs/ar…aigret_im_haus_der_unruhe


    edit: meine lektüre dieses maigrets dauert noch etwas, derzeit warten soooo viele
    herrliche bücher auf meine leser-augen.... ;)

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  • Ausgelesen: "Maigret im Haus der Unruhe" von Georges Simenon.


    Einige Jahre vor dem offiziellen ersten Maigret-Roman "Maigret und Pietr der Lette" schrieb Simenon unter Pseudonym zwischen unzähligen Groschenromanen auch vier Stück, in denen die Figur des Maigret bereits auftauchte, mal mehr mal weniger. Der vierte Roman "Maigret im Haus der Unruhe" gilt dabei als 'vollständiger' Maigret-Krimi und erschien nun in deutscher Erstübersetzung im neugegründeten Schweizer Kampa-Verlag, der dankenswerterweise zukünftig das literarische Erbe Simenons betreuen wird.


    Der Roman hat bereits fast alles, was die späteren offiziellen "Maigrets" so überaus lesenswert macht: Spannung, Dramatik, Nachdenklichkeit, Figuren zum Gernhaben, psychologische Raffinesse und Tiefgründigkeit sowie Simenons geradezu unheimliche Fähigkeit, mit extrem wenigen Sätzen mehr Atmosphäre zu erzeugen als andere Autoren auf mehreren Seiten. Lediglich liebgewonnene Charaktere wie z.B. Maigrets treue Untergebene Lucas und Janvier finden sich noch nicht und auch Madame Maigret hat keinen leibhaftigen Auftritt, wird aber zumindest erwähnt. Jedoch die zeitbedingten Relikte der 30er Jahre sind zu erlesen (Kohlenofen im Polizeibüro, Anrufe, deren Verbindung mehrere Minuten dauert) sowie Angewohnheiten des Kommissars (die ich stets unheimlich witzig finde, z.B. sich während eines Verhörs oder Gesprächs vom Kellner eines Cafés Bier und Sandwiches ins Büro liefern zu lassen) tauchen auf und bereiten zusätzliches Lesevergnügen.


    Zum Fall an sich sage ich nichts (wen der Roman interessiert, möge der Spannung wegen die Story selbst erlesen), nur soviel, der Plot beginnt gemächlich, entwickelt sich aber zu einem psychologischem Drama mit starkem, spannendem und dramatischem Ende. Hat mir wirklich sehr gut gefallen...und ich hätte nicht erwartet, dass sich dieser frühe 'Groschenroman' literarisch so gut in die offiziellen 'Maigrets' einfügt. Nebenbei enthält diese Ausgabe noch ein informativ geschriebenes Nachwort von Verlagschef Daniel Kampa.


    Ein letztes Wort zur Ausgabe an sich: Der Kampa-Verlag hat in meinen Augen bei den Simenon-Werken ein sehr wertiges, edles Buchdesign (inklusive passender Cover) geschaffen, welches eigentlich zum Sammeln einlädt; lediglich aufgrund der etwas höheren Preisklasse werde ich nach bereits 70-80 ersammelten Simenons aus dem Diogenes-Verlag nicht mehr umsteigen, zum Füllen von Lücken werde ich jedoch zukünftig auf die Kampa-Ausgaben zurückgreifen.
    Übrigens sind auch die "Non-Maigrets" bei Kampa sehr hochwertig gestaltet, wobei mir die "Maigret"-Ausgaben umschlagtechnisch jedoch noch ein wenig besser gefallen.


    Fazit: Ein sehr früher "Maigret", der bereits fast sämtliche Zutaten der späteren Werke hat, sehr lesbare Übersetzung, ein spannender Plot und ein Kommissar, der schon hier gewohnt brummig agiert. Für Simenon-Bewunderer wie mich definitiv lesenswert.


    Bewertung: *****

  • bin ja eigentlich kein Freund von Kurzgeschichten, darum war ich sehr gespannt, wie Simenon das macht.


    Für mich waren die Episoden aus "Sechs neue Fälle für Maigret" ein Highlight. Fast noch besser als seine Maigret Romane.


    Vor allem "Das Wirtshaus zu den Ertrunkenen" und "Stern des Nordens" sind hervorzuheben.


    Grandios, welche Atmosphäre Simenon in wenigen Seiten aufs Papier bringt. Einfach nur auf den Punkt.


    :thumbup:

  • Ausgelesen: "Maigret contra Picpus" von Georges Simenon.


    Auch dieser Maigret-Roman zeigt den Kommissar so, wie man ihn liebt: nachdenklich, ständig Pfeife rauchend, brummig, Zusammenhänge erforschend, seine Vorgesetzten verstimmend, helfend und vor allem reichlich trinkend.
    Der Fall selbst ist hier außerordentlich verzweigt; mehrere offenbar unzusammenhängende Ereignisse, die am Schluß des Buches von Maigret erläuternd in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Dabei gelingt Simenon (vermutlich ungewollt) eine schöne Agatha Christie-Variation: Wie bei der Christie sitzen auch hier alle Beteiligten in einem Raum im Polizeirevier beisammen und warten auf den Kommissar, der den Fall von A-Z erläutern soll. Der Leser erlebt diese 'Komplettauflösung' jedoch als geistigen Monolog Maigrets, der sich auf das bevorstehende Treffen mit den Verdächtigen vorbereitet und. Somit wird der Fall aufgeklärt, aber nicht im üblichen Rahmen früherer Kriminalromane.


    Nebenbei gibt der Roman (wie immer bei Simenon) sehr viel Psychologisches preis, gerade die tiefgründige Dynamik innerhalb einer Familie wird hier beinahe schon schmerzhaft gezeigt. Und mit der Figur der Antoinette Le Cloaguen hat Maigret vermutlich eine seiner perfidesten und abstossendsten Frauencharaktere geschaffen.


    Literarisch und sprachlich ist auch dieser "Maigret"-Simenon wieder deutlich besser als viele der heutigen Werke der Spannungsliteratur, da es Simenon wie keinem Zweiten gelingt, mit zwei bis drei Sätzen eine derartige Atmosphäre zu erschaffen, dass man meint, das nächtliche, regnerische Paris quasi leibhaftig vor sich zu sehen. Die "Maigret"-Romane mögen vordergründig Krimis sein, aber im Grunde genommen sind es ebensolche psychologischen Studien des Menschen und seiner Umwelt, wie es (in noch stärkerem Maße) die "Non-Maigrets" von Simenon sind.


    Fazit: Wie immer unterhaltsam und spannend, diesmal mit einem recht vielfaltig angelegten Plot, der einige äußerst interessante Charaktere und verschiedene Schauplätze beinhaltet.


    Bewertung: +++++