• Ausgelesen: "Hallucigenia" von Laird Barron.


    Das Buch, die erste Veröffentlichung Barrons in Deutschland, enthält drei längere Erzählungen sowie eine Kurzgeschichte, alle vier Storys mit gleichbleibend hohem Niveau erzählt.
    Laird Barrons Schreibstil ist großartig, eine Mischung aus Lovecraft- und Ligottianleihen, eine gewisse Menge Clive Barker und auch die Geschichten von Patrick McGrath meine ich darin zu entdecken. Er benutzt klug gewählte Metaphern, drückt sich gewählt aus, kann extrem gut Atmosphäre erzeugen und seine Dialoge sind lebendig und lebensnah geschrieben.


    Die Titelerzählung "Hallucigenia" zeigt schon deutlich, worauf es Barron ankommt...Atmosphäre und langsam herankriechendes Unheil statt Blut und Eingeweide. Alle seine Geschichten zeigen Charaktere mit Ecken und Kanten, die Schritt für Schritt von der Realität in den Abgrund des Wahnsinns getrieben werden.
    Die zweite Geschichte "Die Prozession des schwarzen Faultiers" ist der für mich rätselhafteste Plot des Buches...ich gestehe, ich habe die Story nicht 100%ig verstanden, doch vermutlich ist dies von Laird Barron so gewollt; diese Erzählung läßt im Gegensatz zu den anderen Geschichten sehr viel Platz für die eigene Interpretation...und genau diese Tatsache macht auch diesen Plot wieder sehr interessant.
    "Mysterium Tremendum" ist mein Favorit dieser Sammlung, und zwar wegen der plastisch geschilderten Charaktere und der Story, die extrem atmosphärisch und (zumindest für mich) sehr unheimlich ist. Großartige Erzählung!
    Den Abschluß des Buches bildet die Kurzgeschichte "Strappado", welche zeigt, dass Barron auch in gestraffter, kleinerer Form zu erschrecken weiß. Ein wirklich düsterer und unbehaglicher Plot, der diesmal ohne übernatürliche Elemente auskommt.


    Ein Wort zur deutschen Übersetzung: Im Internet wird ab und an beklagt, dass die Eindeutschung des Übersetzers Jakob Schmidt grauenhaft sei...nun, ich kenne natürlich das amerikanische Original nicht, denke aber, dass Schmidt hier einen mehr als passablen Job erledigt hat. Barron dürfte nicht leicht zu übersetzen sein, liest sich aber in der vorliegenden Ausgabe sehr flüssig, trotzdem komplex und sprachlich durchaus anspruchsvoll. Sich an zwei oder drei Redewendungen aufzuhängen, die man vielleicht günstiger hätte übersetzen können, ist pure Erbsenzählerei.
    Ein Lob auch an die Covergestaltung aus dem Hause Golkonda, ein Verlag, der genau wie Festa ein Garant für einfallsreiche künstlerische Gestaltung ist.


    Fazit: Ein Autor, der Lust auf weitere Lektüre macht...sprachlich gehoben, unheimliche Plots, die (ähnlich wie Ligottis Werk) frischen Wind ins Horror- und Phantastikgenre bringen. Empfehlenswert für alle Fans des Unheimlichen, die Schauerliteratur abseits der ausgetretenen Pfade suchen. Ich hoffe, ich kann in Zukunft noch viele weitere Bücher Barrons auf Deutsch genießen...


    Bewertung: *****+

    • Offizieller Beitrag

    "Mysterium Tremendum" ist mein Favorit dieser Sammlung


    Hehe...meine auch, wie schon erwähnt.


    Hatte an der deutschen Sprache auch nichts auszusetzen. Wie anfangs schon erwähnt, hatte ich vor einiger Zeit versucht, Barron im Original zu lesen. Ist/war für mich aber gar nicht so einfach wie man anderer Autor ;)
    Da hast du schon recht...Erbsenzählerei...mehr nicht.
    Gibt weitaus schlimmere Texte auf dem deutschen Markt.

  • Habe Hallucigenia beendet und es hat mir sehr gefallen. Die Geschichten sind stark geschrieben und ziemlich komplex. Laird Barron hat eine eigenartige Erzählweise, die nicht leicht zu durchschauen ist und volle Aufmerksamkeit erfordert. Die dichte Atmosphäre fand ich auch gut.
    Von dem Autor werden hoffentlich bald weitere Bücher folgen.


    Wäre das nicht auch etwas für Festa?

  • Ich finde, wie die meissten hier, das Buch sehr gut. Die Sprache ist zwar nicht gerade einfach, die Geschichten werden sehr langsam aufgebaut aber die Stimmung in den Geschichten ist einfach nur schön gruselig. Mir haben die dritte und die vierte Geschichte am Besten gefallen. Auch wenn es bei beiden Geschichten um "schwule" Pärchen handelt. Mal was anderes... ;) Der Verlag scheint da einen kleinen Schwerpunkt in seinem Programm zu haben ( Samuel Delany, Poppy Brite und Christa Faust, "Hap und Leonhard").


    Die Aufmachung und das Cover sind auch sehr gelungen, übersetzungsfehler sind mir keine aufgefallen, also auf gehts 'nen kleinen Verlag unterstützen und kaufen!!!

  • Schön, dass Dir das Buch gefallen hat, Hans Peter! :thumbup:


    Der Golkonda-Verlag glänzt für mein Empfinden durch ähnliche Qualitäten wie der Festa-Verlag...interessante Autoren, liebevoll gestaltete Aufmachung und gute Übersetzungen (soweit ich als Laie diesen letzten Punkt beurteilen kann)...

  • Stimmt, Creed! Schönes, breit gestreutes Programm in guter Aufmachung, wohl auch echte Fans...


    Übrigens ist "Atomvulkan Golkonda" der Titel eines Romanes der beiden Strugazki Brüder.

  • Würde mich auch über weitere Veröffentlichungen freuen. Der Mann gehört mMn neben Thomas Ligotti sicherlich aktuell zu den besten Horror-Autoren auf dem Markt.
    Hatte vor ein paar Monaten daher auch mal den Golkonda-Verlag angeschrieben, aber leider eine negative Antwort erhalten - Sie planen keine weiteren Bücher mehr von ihm.


    Dafür startet in den USA aber demnächst die erste Barron-Verfilmung namens "They Remain" in den Kinos. Sollte es der Film auch nach Deutschland schaffen (Netflix?), traut sich vielleicht mal wieder ein Verlag an den Autor ran. (Auch wenn ich den Trailer recht unspektakulär finde).


    http://www.youtube.com/watch?v=GrO3spBoHiI