Arkadi und Boris Strugazki (und andere Ostblock-Autoren)

  • Wenn Leute schreiben oder reden, mit welchen Büchern sie aufgewachsen sind, dann sind es sehr oft Kinder- und Jugendbücher. Erst in späterem Alter kamen dann auch "erwachsenere" Bücher. Ich habe dagegen schon früh mit Literatur für Erwachsene angefangen. Neben Frank Herbert und E.A. Poe habe ich vor allem Literatur aus dem "Ostblock" gelesen. Ganz besonders hatten mich (und das gilt auch noch für heute) die Werke von den Strugazkis gereizt.

    Ich finde auch heute noch immer faszinierend, wie sich damals die Science Fiction Autoren die Zukunft vorstellten.

    Meine Favoriten:

    Ein gut eingerichteter Planet
    Ein sehr interessantes Werk, über einen Planeten, auf dem es quasi keine Technik gibt. Im Laufe der Zeit und durch Versuche des Erstkontaktes zu einem fremden Volk stellt sich heraus, dass die Entwicklung hier nicht auf technischer sondern biologischer Ebene erfolgte. Der Begriff "eierlegende Wollmilchsau" (ich hoffe, der Begriff ist soweit geläufig) geht hier in eine völlig neue Richtung.

    Picknick am Wegesrand
    Dieses Buch beschreibt in verschiedenen Kapiteln Zonen auf der Erde, die nach einem Angriff durch Außerirdische verwüstet und verändert wurden. Interessant ist dabei die eigentliche These, auf die sich der Titel bezieht. Außerirdische haben nur ein "Picknick" gemacht und die Menschen eigentlich gar nicht wahrgenommen. Ungefähr so, als ob wir Menschen, ein Picknick machen und damit einen Ameisenhaufen beschädigen.

    Der ferne Regenbogen
    Ein tolles Buch über einen Planeten, der als Forschungsfeld dient. Tolle Charaktere und eine spannende Story, die sich hier nicht so einfach zusammenfassen lässt.

    Der Junge aus der Hölle
    Für mich ein absolutes Highlight. Vor allem die Moral ist in diesem Band besonders wichtig. Ich habe mich damals schon gefragt, wie ich an Stelle des Jungen reagiert hätte - und auch heute denke ich manchmal darüber nach.

    Es gibt natürlich noch viele andere Stories wie "Atomvulkan Gonkonda" usw. ... alles auf Wiki nachzulesen.

    Wenn jemand von diesem Thread beeinflussen lässt, einmal Werke dieser Autoren zu lesen, sollte beachten, dass die Autoren in den 1950 bis Anfang 1990 in der Sowjetunion geschrieben wurden und die Geschichten vor sozialistischem Hintergrund spielen. Dadurch spielen die Geschichten in einer Welt, weitgehend frei von Profitgier, aber mit viel persönlicher Motivation der Akteure, etwas Besseres zu erschaffen (das Idealbild des Sozialismus). Ich denke, die Strugazkis glaubten an das Beste im Menschen - und so manche Zukunftsvision wäre auch heute noch erstrebenswert.

    Gruß
    Rigr

    "A life's a gospel - Some girls are soul
    Some baby's blues - Mine's rock'n'roll"


    Tiamat

  • @ Rigr: Meine einzige Berührung mit diesen beiden Autoren bislang ist die von mir seinerzeit (Ende der 80er, glaube ich) gesehene Verfilmung "Es ist nicht leicht ein Gott zu sein".
    Damals hat sich zwar meine Abneigung gegen deutsche Filme mal wieder bestätigt, aber nichtsdestotrotz konnte man dahinter durchaus eine durchdachte und komplexe Romanvorlage erkennen.

    Einige der von Dir angesprochenen Plots klingen definitiv interessant!

  • Jaja, die Gebrüder Strungatzki.
    Ich habe ihre Bücher als 14-jähriger entdeckt. Mein Erstling war Die Schnecke am Hang.
    Damals habe ich nicht wirklich viel davon verstanden, aber das Buch hat mich fasziniert und mich auch zur Ostblock-Phantastik gebracht, die doch ganz anders war als unsrere westliche SF.
    Lobenswert damals war der Suhkamp-Verlag mit seiner Phantasitischen Bibliothek.
    Schnecke am Hang? kann ich nur empfehlen.

  • Ich habe bisher nur "Picknick am Wegesrand" gelesen, war sehr gut. Darauf basiert ja der Film "Stalker" und auch die gleichnamige Game-Reihe.

    Ich werde noch weitere Bücher dieser Autoren nachholen. Als Kind habe ich (im Bereich Sci-Fi) sehr viel von Asimov, Bradbury, Wells und Jules Verne gelesen.

  • Ich kenne "Die Schnecke am Hang" und "Picknick am Wegesrand".
    Schwierige und anspruchsvolle Lektüre, ich wollte immer mal noch eins probieren habs aber nie gepackt.
    Mir gefallen die "Ostblockautoren" oft so ganz anders als die US Schriftsteller.

    "Stalker" von Andrei Tarkowski basiert auf Teilen von "Picknick...".

    Einer der seltsamsten (im positiven Sinne!) Filme die ich kenne. Ganz gewaltiges, rätselhaftes Werk da werden sich noch Generationen von Kritikern daran abarbeiten können...

  • Vielleicht hätte ich das Thema etwas allgemeiner gestalten sollen - so in der Art "Ostblock-Autoren". Dann könnte ich auch noch Lem und Co. ansprechen.

    Ich muss allerdings gestehen, dass ist die Verfilmungen noch nicht gesehen hatte. Ich hab mir nie vorstellen können, dass die Stories verfilmbar wären. Ist ja bei einigen Büchern der Fall.

    "A life's a gospel - Some girls are soul
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    Tiamat

  • "Stalker" von Andrei Tarkowski basiert auf Teilen von "Picknick...".

    Richtig. Picknick am Wegesrand lieferte nur eine indirekte Vorlage für den Film Stalker, hier wurde nur das Grundmotiv der Ausgangssituation verwendet, um etwas völlig eigenständiges daraus zu schaffen.
    Dieser geheimnisvolle Film strotzt nur vor philosophischen und ethischen Ansichten und wirft mehr Fragen auf, als er beantworten könnte. Tarkowski schien übrigens eine bereits fertige Erstversion des Films wieder verworfen zu haben, um den Streifen erneut zu drehen.
    Interessant ist der Schluß des Films: im Hintergrund ist das damals noch im betrieb befindliche Kernkraftwerk Tschernobyl zu sehen.

  • Zitat

    Interessant ist der Schluß des Films: im Hintergrund ist das damals noch im betrieb befindliche Kernkraftwerk Tschernobyl zu sehen.

    Man sieht auch viel Ruinen und in den Flüssen ist das Wasser irgendwie schaumig. Viele der Beteiligten sind später jung an Krebs gestorben...

    ?(

    @ Rigr

    Schau Dir Stalker an, lohnt sich sehr wenn Dir die Stimmung der Bücher gefällt! Solaris, vom gleichen Regieseur passt für mich auch gut zum Hammerbuch von Lem.

  • @Hans Peter
    Solaris von Lem kenne ich - sowohl Film als auch Buch. Aber ich finde "Der Unbesiegbare" von Lem am Besten. Vor allem wenn man bedenkt, dass dieses Buch vor Roddenberry und seinen Borg herauskam.

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    Tiamat

  • Ich habe von Lem nur "Solaris", "Die Astronauten", "Robotermärchen" und "Der futurologische Kongreß" gelesen, danke für den "Der Unbesiegbare" Tipp.

    Von den Ostblock Autoren mag ich noch Iwan Jefremow und dessen "Das Mädchen aus dem All" und noch mehr die Novelle "Herz der Schlange".

  • Von Jefremow habe ich nur "Wir" gelesen, was meines Wissens die erste Dystopie war (Wells "Zeitmaschine" lasse ich mal außen vor).
    Von Lem habe ich schon einiges gelesen, Solaris war am besten. Und der Unbesiegbare war doch die Geschichte mit den Nanobots, oder?

  • Ich war mal so frei, den Thread-Titel etwas anzupassen.

    Sonstige Favoriten aus meiner Jugend:

    Eberhardt Del’Antonio - Titanus
    Mir gefiel die Idee hinter diesem Buch besonders. Auch der erste Kontakt mit der außerirdischen Rasse. Ein absolut geniales Buch. Umso endtäuschter war ich vom Folgeroman "Heimkehr der Vorfahren" ...

    Peter Lorenz - Homunkuli
    Gerade bei der heutigen Entwicklung im Genbereich sehr interessant.

    Stanislav Lem - Der Planet des Todes
    Hier muss ich nichts weiter sagen - die Story ist packend und vor allem hat sie eine faszinierende Botschaft.

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    Tiamat

  • @ Bighead

    "Wir" ist aber von Jewgeni Samjatin...

    ;)

    Gutes Buch, das russische "Brave new World"...


    Stimmt, ist natürlich von Samjatin. Habe die beiden Autoren verwechelt.
    Und ja, ich fands auch eine gute Dystopie. Was findet ihr eigentlich besser - Schöne neue Welt oder 1984? Ich bevorzuge Schöne Neue Welt, aber nur ganz knapp. Beides großartige Bücher. Interessant finde ich den Unterschied, wie sie die Sexualität in der dystopischen Welt darstellen. Bei Huxley geht es in die Extreme, bei der schon Kleinkindern Sexualität "beigebracht" wird und die Erwachsenen sich ohne jede Liebe miteinander paaren. Bei Orwell hingegen wird eine Gesellschaft gezeigt, in der Sexualität als etwas zu Primitives sehr verrufen, quasi verboten ist. Wohin driften wir wirklich hin?
    Eine ebenfalls brillante Dystopie ist für mich "Das höllische System" von Kurt Vonnegut, wenn wir schon dabei sind.

  • Bei mir ist es 1984, der schlimme Schluß wird mich das Buch nie mehr vergessen lassen!

    Aber ich bin ehrlich, "Schöne neue Welt" habe ich vor 20 Jahren das letzte mal gelesen...

    Auf jeden Fall beides sehr gute Bücher.

  • Ich finde beide Werke sehr interessant - 1984 liegt aber auch ganz knapp vorn. Ich hatte es vorletztes Jahr als englisches Original unter dem Weihnachtsbaum liegen. Wer des Englischen soweit mächtig ist, sollte es unbedingt noch einmal so lesen.

    Ich finde es allerdings auch sehr faszinierend, wieviel Einfluss diese Werke auf modernere Bücher und Filme haben. Ich sage nur: "Solent green ... die überleben wollen" oder auch "Equilibrium". Da frage ich mich manchmal, ob es bestimmte Geschichten heute gäbe, wenn es der Klassiker nicht wäre.

    "A life's a gospel - Some girls are soul
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    Tiamat