Martin Suter

  • Vollkommen richtig, Jörg, wo Detailreichtum plottechnisch vonnöten ist, soll er auch sein, keine Frage! Aber ich bin eben kein Freund davon, wenn wie im von mir genannten Beispiel ständig erzählt wird, wer was isst und trinkt und wer dieses und jenes Möbelstück wann, wie und warum gebaut hat...es ist nämlich für Story und Atmosphäre vollkommen belanglos. ;)
    Aber wie schon erwähnt, ist so ein literarisches Detail ja (wie so vieles) absolute Geschmackssache...


    Edit: Es kommt auch (für mein Befinden) darauf an, wie diese Details erzählt werden...bei Boyles "Wassermusik" z.B. haben mich die Unmengen von Detailbeschreibungen nicht gestört, da sie schwungvoll und skurril präsentiert werden und nicht nach Aufzählung klingen...

  • ich werde es auch bald lesen, creed, teile dann hier meine ansichten. :)
    eigentlich ist bei suter nichts belanglos, ich befürchte fast: suter ist nichts für dich.
    oder ich täusche mich ... die zukunft weiss bescheid. ;)


    hier folgende meinung:
    Der letzte Weynfeldt
    von Claudine Borries | 21.Januar 2008
    ..."Unermüdlich spinnt Suter die Geschichte fort. Mit der Ruhe des geübten Erzählers,
    der durch ausgefeilte Sätze und wortreiche Charakteristiken ein Bild der Menschen
    mit ihren Gewohnheiten zeichnet, steckt er den Rahmen für die Handlung ab. Das
    Thema Kunst, Kunstauktion und Handel bietet Gewähr für kultivierte und anspruchsvolle
    Unterhaltung."... http://www.leselupe.de/blog/2008/01/21/Der-letzte-Weynfeldt/

  • ich hab mir creeds kritik kaum vorstellen können, für mein bisheriges
    suter-wahrnehmen. ich weiss nun:
    mir gefällt auch suters "der letzte weynfeldt" vorzüglich. :thumbup:
    es ist ein typischer suter, wenn er so ausschmückt hat das gründe.
    überdeutlich zu erkennen, wie ich finde. ;)
    mein viertes buch des weltautoren. hochgenuss!

  • Wie bereits erwähnt, Jörg, jeder empfindet das Beschreiben von Details anders...ich bin eher der Fan von abgespeckter, 'schlanker' Literatur...doch ansonsten hat mir das Buch ja auch sehr gut gefallen, ein Kritikpunkt macht ein Werk für mich ja noch nicht schlecht! ;) Aber es freut mich, dass Du auch von diesem Suter-Buch begeistert bist, Jörg!

  • ausgelesen:
    "der letzte weynfeldt." - martin suter
    diogenes, 2008, - meine ausgabe: diogenes, tb, 2009, 314 seiten.


    wilfried steiner und martin suter sind befreundet und achten sich für ihre werke.
    es gibt eine, wenig beachtete, ähnlichkeit der thematiken in ihren romanen.
    siehe etwa "bacons finsternis" (2010) und suters roman um den kunstkenner weynfeldt,
    der mich in seiner prunkhaften genauigkeit in die welt eines reichen fachmanns
    führte.
    beiden schriftstellern folgt der leser gern, in regionen der veränderung ihrer
    dargestellten figuren. weynfeldt, der in sich ruhende, gutmütige mann in meinem alter
    (ich nur ohne sein kleingeld) bietet dafür seinem schöpfer eine herrliche ausgangslage.
    da ich mich für schweizer kunst lange interessiere ( freundin kam einst daher, meine
    ersten studien galten dem werk ferdinand hodlers, vallotton war oft gesprächsthema mit
    meiner frau ), ein doppelt- und dreifacher grund die präzise art suters, bis in detail,
    zu bewundern. er schreibt famos.
    die figur des weynfeldt ist meine bisherige lieblingsfigur martin suters, sei noch gesagt.
    mein 4.suter hatte etwas wärmendes! :thumbup:

  • Ausgelesen: "Allmen und die Libellen" von Martin Suter.


    Dieser Suter ist ein Kracher! Der Auftakt seiner Krimiserie um den verarmten Lebemann Johann Friedrich v. Allmen überzeugt auf ganzer Strecke, sowohl vom Plot, der mitunter wirklich spannend daherkommt, als auch von den Charakteren, allen voran Allmen, den Martin Suter ungemein sympathisch entworfen hat, obwohl er auf den ersten Blick durchaus seine Schattenseiten besitzt: Er ist ein Hochstapler, Dieb, hat in seinem Leben noch nicht einen Tag arbeiten müssen und wurde stets bedient...daher ist er in vielen normalen Dingen des Alltagslebens recht unbedarft und braucht selbst zum Kaffekochen eine detaillierte Gebrauchsanweisung...Trotzdem mag man Allmen und seine charmant naive Art und fiebert mit ihm mit.


    Darüberhinaus ist das Buch angenehm schmal ausgefallen, meine Vorstellung von einem abgespeckten Plot kommt Suter hier hervorragend nach...der Plot wirkt deswegen keinesfalls hektisch und auch die Beschreibungen für das persönliche Kopfkino sind ausreichend vorhanden, genau wie Suters elegante Sprache, die auch hier präzise und sauber formuliert glänzt und überzeugt.


    Allmens Faktotum Carlos ist ein auf den zweiten Blick recht vielschichtiger Charakter, der prima zum Hauptprotagonisten passt. Und man kann als Leser dem Herrn Suter nicht genug danken, dass er endlich einmal einen Krimihauptakteur präsentiert, der sich von den üblichen Klischees dieses Genres abhebt. Er ist elegant, kultiviert, bewahrt stets Haltung und ist mal kein Kommissar, der (wie z.B. in skandinavischen Krimis üblich) verwitwet ist, krebskrank, nur ein Bein hat, am Leben verzweifelt, eine drogenabhängige Tochter zuhause hat oder mit ähnlich optimistische Details ausgestattet ist. Nein, Allmen ist ein feingeistiger Lebemann mit Kunstverstand, dem sein Vermögen abhanden gekommen ist...und wir als Leser folgen ihm gerne dabei, wie er versucht, seinen gesellschaftlichen Status zu erhalten und dabei öfter mal an Verbrecher und in gefährliche Geschehnisse gerät.


    Fazit: Ein wunderbarer Start einer Krimiserie, die sprachlich höchsten literarischen Ansprüchen genügt und spannend unterhält. Macht Lust und Laune, weitere Teile zu verschlingen.


    Bewertung: *****+

  • DIE ZEIT, DIE ZEIT


    ist nach der unterhaltsamen Allmen-Reihe mein erster alleinstehender Suter-Roman gewesen.
    Oftmals wird in Rezensionen zu diesem Werk des Schweizer Schriftsteller bemängelt, es sei nicht spannend genug und zu langatmig. Dem kann ich nach gebannter etwa dreistündiger Lektüre in einem Rutsch absolut nicht beipflichten, so viel sei gesagt! Für mich war "Die Zeit, die Zeit" ein herrlich spannender Zeitreisenroman, der erfrischend wenig Zeitreisenroman ist, mehr philosophisches Spiel und spannendes Verwirrspiel als sich zu sehr auf den eigentlichen Prozess der Zeitreise beschränkende SF, wie es sie ja häufig gibt.
    Suter schreibt seine genial konstruierte Geschichte, die von der ersten Szene bis zur grandiosen Schlusspointe stimmig ist und eine Freude zu lesen, im gewohnt eleganten und natürlich tief ins Detail gehenden Stil.. denn so schreibt er nunmal. Das kann man auch nicht mögen, für mich und viele andere seiner begeisterten Leser ist dies jedoch etwas, was ihn auszeichnet. Bei einem Suter-Roman (und ich denke, diese Aussage lässt sich jetzt mal auf alle oder die meisten seiner Werke übertragen, auch wenn die natürlich noch nicht gänzlich gelesen habe..) fühle ich mich Handlung und Charakteren stets sehr nah. Fast eine fotorealistische Schreibe an manchen Stellen..
    Ich gebe 9/10 Punkten, wunderbares Buch! :thumbup:

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


    meine Bücher 2016

  • heute beendet:
    allmen und die libellen. roman. - martin suter
    diogenes 2011, - meine ausgabe: diogenes, 2012, tb, 197 seiten.


    die bisher schlichteste handlung eines suter - buches,
    der schwächste, unsympathischste hauptprotagonist, meiner meinung nach, meiner bisher gelesenen
    fünf suter - romane.
    wie immer eine betörend starke sprache des autoren, mit schweizer extras obenauf.
    hoffe doch, allmen weiß, in den anderen drei werken der serie mehr zu überzeugen.
    ich hab mir mehr erwartet.

  • Hi, hi, da sieht man mal wieder, wie weit die Meinungen bei Literatur (und anderen Kunstformen) auseinanderdriften können, Jörg... ^^
    Aber vermutlich hat mir gerade das 'Schneller auf den Punkt kommen' des "Allmen"-Buches gefallen...wobei ich vom Plot selbst positiv überrascht war, weil ich im Vorfeld eigentlich gar nichts erwartet hatte...

  • ja, alles eine frage der sympathie... ohne frage. ^^
    den plot fand ich einfach: zu durchschaubar.
    und die hauptfigur, der


    ... sammelt bei mir zuwenig pluspunkte.
    mir gefallen bisher suters non-allmens wesentlich besser. :thumbup:


    trotzdem - allein die gute sprache, auch hier üppig, auch hier: weise...
    würde sich mancher autor zu weihnachten wünschen. ;)

  • Der Teufel von Mailand


    ist ein ungeheuer sprachgewaltiges Buch, das schon mal vorneweg. Suter offenbart sich hier an vielen Stellen als Meister der schnellen und sinnigen Beschreibung, tischt pfiffige Dialoge en masse.. und findet ganz nebenbei noch einen wunderbar einfachen Weg zur Visualisierung von SMS/Handychat-Nachrichten in einem Roman, der sich mal so einige Schriftsteller annehmen sollten, wenn sie solche Schnipsel in ihre Bücher einbauen wollen :thumbup:
    Trotzdem konnte mich der Roman nicht so überzeugen wie mein letztes Suter-Werk "Die Zeit, die Zeit". Und das liegt an der Geschichte, die zwar eine sehr schöne Ausgangslage hat (wenn sich der Einstieg auch nicht unholprig gestaltet..) und auch interessante und gut gezeichnete Hauptcharaktere. Diese bewegen sich gerade im Zwischenteil jedoch in einer sehr schleppenden Handlung, die einfach nicht genug Spannung aufbauen kann und schwach dahindümpelt.. auch wenn's zum Ende hin wieder besser wird..
    Suters Schreibe macht jedoch einiges weg, machen wir mal 7/10 draus :)
    Werde mich schon bald weiteren Suter-Romanen zuwenden, mal gucken, was die so geben..

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


    meine Bücher 2016

  • business class. geschichten aus der welt des managements - martin suter
    diogenes tb, 2002, als hc 2000 veröffentlicht.231 seiten. die geschichten erschienen
    1995 bis 1999 in der weltwoche, zürich und machten martin suter weltbekannt.

    ein paar zitate aus obigem buch, aus den 77 mikrogeschichten:
    "natürlich gewinnen die argumente an überzeugungskraft, wenn der,
    der sie vorträgt, dem, der ihnen widersprechen könnte, den bonus
    streichen kann."
    "er ist sensibel... was die respektierung der eigenen person angeht."
    "manchmal habe ich das gefühl, unsereinen trifft es am härtesten. verzichten,
    obwohl man es sich leisten könnte."
    "gibt es etwas, das ein marketingdirektor können muß, was ein
    arbeitsloser schauspieler nicht kann ?"


    nach den ganzen skandalen der letzten jahrzehnte sind manager, so richtig
    in verruf geraten. skrupellose superkaufleute die nicht nur ihre eigene oma
    verkaufen würden, für ihren erfolg, ihre macht, - sondern die gesundheit und
    die lebensqualität von völkern dazu.
    suter setzt den nieten in nadelstreifen, den alphatieren mit asozialer
    attitüde, erhellende stories entgegen, die diese krieger des geldes enttarnen
    als menschen, die sich selbst etwas vormachen können, zu ihrem wohl und
    dem wohl der firma. kampf des besseren, hierarchiengeplänkel, weltfremdheit -
    bonusmentalität - suter lässt nichts aus.
    seine einblicke sind intimster art und sie klären, warum diese magnaten die
    welt verschaukeln, und die, die sie in ihrer gier bremsen könnten, sitzen, zu ihrem glück, mit
    ihnen am mittagstisch: die politiker.
    kein angenehmes thema, ein horrorthema der moderne, unseres globalen dorfes.

  • Ausgelesen: "Der Teufel von Mailand" von Martin Suter.


    Mit diesem Werk hat der Schweizer Schriftsteller mich endgültig für sich eingenommen. Ein absolut wunderbares Buch mit einer sehr speziellen Atmosphäre, die ich so in einem Buch schon lange nicht mehr erlebt habe.


    Suter verknüpft hier äußerst gekonnt zwei auf den ersten Blick recht konträre Genres...die Heimatsage oder den alpinen Heimatroman mit dem Thriller. Klingt merkwürdig, liest sich aber hochspannend und mysteriös. Die Charaktere des Buches sind gut und plastisch beschrieben, allen voran die junge Physiotherapeutin Sonia Frey, die eine üble Ehe hinter sich hat und nun in der Abgeschiedenheit eines Engadiner Bergdorfes in einem neueröffneten Hotel im Wellnessbereich eine Stelle antritt. Merkwürdige, recht unheimlich wirkende Vorfälle lassen Sonia nicht zur Ruhe kommen...sie beginnt nachzuforschen und kommt der Sage vom "Teufel von Mailand" auf die Spur...


    Das Buch hat keinerlei langatmige Passagen (dies ist natürlich wieder mein persönliches Empfinden), und unterhält sprachlich (wie stets bei Martin Suter) auf hohem Niveau. Die Nebencharaktere, Hotelangestellte und Dorfbewohner, zeichnet Suter mit viel Sinn für Eigenarten und Skurrilität (Stichwort 'rätoasiatische Küche' - herrliche Idee!), was der Geschichte ein ganz eigenes Lokalkolorit verleiht. Sonias SMS-Chats werden von Suter brillant mit wenigen Worten umrissen, eine sprachlich sehr einfallsreiche Variante, die den Plot immer wieder durchbricht und auflockert.
    Der Showdown am Schluß wirkt gemessen am Rest des Buches auf den ersten Blick fast ein wenig hollywoodlike übertrieben, ist aber durchweg spannend erzählt und bettet sich somit ebenfalls in den Handlungsrahmen ein. Die thrilleratige Dorfatmosphäre hat mir extrem gut gefallen, fast schon ein wenig unheimlich, was durch den im Buch ständig herrschenden Dauerregen noch unterstrichen wird.


    Fazit: Ein großartiger Suter-Roman, definitiv empfehlenswert. Spannend, unheimlich, atmosphärisch, psychologisch und kurzweilig. Ein Genre-Mix, der wirklich geglückt ist und sehr viel Lesespaß bereitet.


    Bewertung: *****+