Die bizarre Bibliothek

  • Dann wollen wir doch auch mal einen Blick auf meine zweitliebste Reihe des Hauses Festa werfen. Leider schon seit langer Zeit eingestellt, wurden in dieser Reihe ältere Werke der unheimlichen, bizarren Literatur präsentiert. Damals musste ich eine Entscheidung treffen, die für die "Bibliothek des Schreckens" fiel, weshalb ich diese Reihe nicht so unterstützen konnte, wie ich es gerne gewollt hätte. Inzwischen habe ich alle Bände, wenn auch noch nicht komplett gelesen. Daher werde ich hier nach und nach alles einfügen.


    1. Die dunkle Kammer (Leonard Cline)


    Abgerundet von einem interessanten Nachwort Malte S. Sembtens. Die Geschichte lässt z. T. Gedanken an Poes "Der Unterhang des Hauses Usher" wach werden, da der Verfall der Familie Pride und ihres Herrenhauses Mordance Hall Hand in Hand gehen. Ganz so stark wie Poes Geschichte ist der Roman jedoch nicht. Richard Prides Erforschung seiner Vergangenheit und die dafür angewendeten Methoden können nicht ganz überzeugen. Aber der Roman ist durchweg atmosphärisch geschrieben und kann bequem an einem Nachmittag durchgelesen werden, ohne dabei langweilig zu werden.


    2. Berührungen der Nacht (diverse)


    Von Frank Rainer Scheck und Erik Hauser zusammengestellte Anthologie englischer Geistergeschichten. Jeder der ausgewählten Autoren ist mit zwei Geschichten vertreten. Darunter befinden sich Namen wie A. C. Benson, E. G. Swain und natürlich M. R. James. Der Titel der Sammlung stammt von der gleichnamigen Geschichte R. H. Maldens. Eine gutklassige Zusammenstellung, die einen überzeugenden Querschnitt dieser britischen Tradition darstellt.


    3. Hörnerschall (Sarban)

    Das war ein echter Höhepunkt. Eine Alternativwelt in der die Nazis den zweiten Weltkrieg gewonnen haben. Den Protagonisten der Gesichte verschlägt es in diese alternative Welt. Dort wird er gewissermaßen eine Attraktion und zur Jagd freigegeben, denn die herrschende Klasse will unterhalten werden. Dazu werden genetisch veränderte Menschen in einer Art Vergnügungspark, unter Aufsicht des Grafen von Hackelnberg, gejagt. Das erinnert nicht nur an die Fuchsjagden in England sondern wirkt auch sehr aktuell, wenn man sich Taten und Rhetorik der sog. "Neuen Rechten" vor Augen hält. Ein durchaus wichtiges Buch.


    4. Das tote Brügge (Georges Rodenbach)

    5. Der Mönch Laskaris (Gustav Meyrink)


    Lag jetzt lange genug hier rum. Insgesamt 12 Geschichten des "magischen" Schriftstellers Meyrink. Darunter - so teilt mir der Text auf der Rückseite mit - "die drei sehr gesuchten Novellen aus dem Band Goldmachergeschichten". Die sind zum einen durchaus der Höhepunkt dieser insgesamt starken Sammlung. Aber im Grunde ist es dreimal dieselbe Geschichte. "Die Erzählung vom Raubmörder Babinski" hat mich meine Ausgabe von "Der Golem" in die Hand nehmen lassen. Und tatsächlich, diese Geschichte wurde dem Roman entnommen und mit einer eigenen Einführung für diese Kurzform versehen (von Meyrink, nicht eigenmächtig vom Verlag). Allein "Der Albino" fand ich etwas schwächer. Wobei mir auch diese Geschichte irgendwie sehr bekannt vorkam. Ich weiß aber nicht, wo ich die schon mal gelesen haben könnte. Sei es wie es sei, ein weiterer Höhepunkt dieser großartigen wie auch zu kurzen Reihe aus Festas Anfangsjahren.


    6. Das Haus an der Grenze (William Hope Hodgson)


    Ich war mir nie sicher, was Hodgson ausdrücken will, aber es hat mir doch ziemlich gut gefallen. Was er nur immer mit Schweinen hat?! Sicherlich nicht unwichtig für die frühe Science Fiction und ein Vorläufer für Geschichten wie "Doctor Strange" (sowohl Ditkos Hefte als auch den Film). Sehr lesenswert. Wenn auch mit eher minimaler Handlung.


    7. Malpertius (Jean Ray)


    Eine etwas andere Spukhausgeschichte, in der Figuren der griechischen Mythologie auf ungewöhnliche Weise eingeflochten werden. Sehr zu empfehlen ist auch Rein A. Zondergelds Nachwort.


    8. Eleagabal Kuperus 1: Die würgende Hand (Karl Hans Strobl)
    9. Eleagabal Kuperus 2: Höllenfahrt


    Da die beiden Bücher eine Geschichte darstellen, fasse ich mal zusammen. Insgesamt will Strobl hier zu viel, weshalb das Gesamtwerkt unterm Strich nicht völlig überzeugen kann. Vornehmlich geht es um den Kampf zwischen dem Zauberer Kuperus und dem Industriellen Bezug. Kuperus ist aber im Grunde nur ein Weichensteller und dessen "Auserwählter" Adalbert Semilasso steht eigentlich im Hintergrund. Der ist zunächst unter Bezugs Fuchtel und muss sich von diesem emanzipieren. Dabei verliebt er sich nicht nur in die sprichwörtliche "Unschuld vom Land" sondern wird auch in ein erotisches Techtelmechtel mit Bezugs Tochter verwickelt. Bezug indes arbeitet an einem hanebüchenen Plan der ihm quasi die Weltherrschaft einbringen soll. Die Umsetzung dieses Vorhabens, wie der Rückentext richtig beschreibt, gemahnt an die "Global Player" der Industrie und Wirtschaft unserer Tage und stellt einige der stärksten Stellen der Bücher dar. Zwischendurch taucht dann noch ein affenartiger Sohn Bezugs auf, der Adalberts lange verlorener Schwester nachstellt (die ebenfalls unter Bezugs Herrschaft steht), Bezugs Plan erweist sich als große Täuschung (wirkt etwas unglaubwürdig) aber als Ersatz nutzt er den drohenden Weltuntergang (aufgrund eines Kometen), um der Welt einen Denkzettel zu verpassen. Dieser wird wundersam abgewehrt, einen wirklichen Höhepunkt zwischen Bezug und Kuperus gibt es nicht und am Ende wäre weniger mehr gewesen.


    10. Der Skarabäus (Richard Marsh)



    Trotz der Einstellung der Reihe gab es bei Festa immer wieder mal Titel, der sehr gut in diese Serie gepasst hätten. Das wird hoffentlich auch weiterhin so sein. Als Ehrennennungen sollen sie hier ebenfalls auftauchen:


    Der Zentaur (Algernon Blackwood)


    S. Thread zu "H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens"


    Carnacki, der Geisterdetektiv (William Hope Hodgson)


    War sogar für die Reihe angekündigt. S. Thread zu "H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens".


    Die Pflanzen des Dr. Cinderella (diverse)


    Eine wundervolle Anthologie, die neben der titelgebenden Story Gustav Meyrinks Werke von Oskar Panizza, Willy Seidel, Robert E. Howard, eine Carnacki-Geschichte und fast alle unheimlich-phantastischen Kurzgeschichten Ralph Adams Crams beinhaltet. In diesem Stil kann gerne mal wieder eine Sammlung erschienen. Ich weiß. Unwahrscheinlich.


    Baphomet (Franz Spunda)


    Geheime Gesellschaften, Templer, Götzen und Alchemie. Spunda war wohl selbst Teil der einen oder anderen Geheimloge und nutzt seine Kenntnisse. Erinnert ein wenig an Meyrink, scheint mir aber leichtere Kost zu sein als dieser. Schöne Ergänzung, kein Muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Kain ()

  • da ich, schon lange, bevor ich den festa-verlag kennenlernen durfte, interesse an "bizarrer",
    außergewöhnlicher literatur hatte, hat diese reihe, nicht nur im forum, einen ehrenplatz verdient.


    ***** eleagabal kuperus 1: die würgende hand &
    ***** eleagabal kuperus 2: höllenfahrt von karl hans strobl


    hat in meiner bibliothek einen besonderen winkel.


    da es diese besondere festa - reihe nicht mehr gibt, muß man die weiten der antiquariate für unbekanntes, merkwürdiges, durchforsten ... hab ja öfters im forum auf derley bücher hingewiesen.
    da wäre noch enorm viel möglich gewesen, --- aber, ich denke das interesse von größeren lesermassen
    ist wohl damit eher nicht gegeben.
    leider! =O

  • Leider. Aber Festa hat ja immer wieder mal was gebracht, das sich auch gut in dieser Serie gemacht hätte. Bei passender Gelegenheit wird das wohl auch weiterhin so sein denke ich.

  • Der Mönch Laskaris


    Lag jetzt lange genug hier rum. Insgesamt 12 Geschichten des "magischen" Schriftstellers Meyrink. Darunter - so teilt mir der Text auf der Rückseite mit - "die drei sehr gesuchten Novellen aus dem Band Goldmachergeschichten". Die sind zum einen durchaus der Höhepunkt dieser insgesamt starken Sammlung. Aber im Grunde ist es dreimal dieselbe Geschichte. "Die Erzählung vom Raubmörder Babinski" hat mich meine Ausgabe von "Der Golem" in die Hand nehmen lassen. Und tatsächlich, diese Geschichte wurde dem Roman entnommen und mit einer eigenen Einführung für diese Kurzform versehen (von Meyrink, nicht eigenmächtig vom Verlag). Allein "Der Albino" fand ich etwas schwächer. Wobei mir auch diese Geschichte irgendwie sehr bekannt vorkam. Ich weiß aber nicht, wo ich die schon mal gelesen haben könnte. Sei es wie es sei, ein weiterer Höhepunkt dieser großartigen wie auch zu kurzen Reihe aus Festas Anfangsjahren.