1966 - Das schwarze Reptil (The Reptile)
Der Marinesoldat Harry Spalding reist mit seiner Frau in ein kleines
Dorf nach Cornwall, um das Haus seines Bruders zu übernehmen. Dieser ist
vor kurzem überraschend verstorben und hat seinem Bruder das Haus
vermacht. Doch schon bei Ankunft des Ehepaars sind die Dorfbewohner sehr
abweisend und Tom, der Wirt des örtlichen Pubs, rät sogar dringend zur
sofortigen Umkehr. Harry ist irritiert, will sich aber nicht so leicht
abspeisen lassen und bezieht das Haus seines Bruders. Doch schon bald
wird klar, dass die Warnungen nicht so ganz unbegründet waren.
"The Reptile" ist ein klassischer Hammer, wie er im Buche steht.
Die Handlung ist für sich genommen zwar ziemlich konventionell und
komplett vorhersehbar, allerdings ist das Monster für Hammer-Filme doch
ungewöhnlich. Denn wo sonst klassische Gruselmonster wie Dracula und
Frankenstein oder lebende Tote bzw. verrückte Menschen die Werke der
englischen Filmschmiede unsicher machen, hat man hier ein
reptilienhaftes Wesen, halb Mensch halb Schlange. Es ist zu lesen, dass
der Make-Up-Designer seinerzeit ziemlich rotieren musste, um diese
"aufwendige und realistische" Maske zu fertigen, die dann vor allem zum
Ende des Films reichlich in Aktion tritt. Betrachtet man dies vor dem
zeitlichen Hintergrund, so wirkt die Maske auch definitiv ziemlich
originell und schaurig; aus heutiger Sicht verbeitet sie eher trashigen
Charme. Aber genau deswegen sind Filme wie "Das schwarze Reptil" ja
heute noch so sehenswert, denn auch der Rest des Steifens ist pure
Schauer-Atmosphäre der alten Schule.
Das abgelegene cornische Dorf (ohne Arzt und Polizei), die grimmigen und
abergläubischen Bewohner und die altmodischen, etwas verlebten Hütten
und Herrenhäuser sind gothic horror in Reinkultur, wie Hammer ihn stets
in Vollendung beherrscht hat. Wenn man sich daran erfreuen kann, den
wird die etwas spannungsarme Handlung nicht weiter verdrießlich stimmen
können.
Ausser Michael Ripper als Gastwirt, der wie immer solide ist, spielt kein bekannter Hammer-Star mit.
Noel Willman war in den 60ern schon ein gefragter Theater-Schauspieler
in England und seine Qualitäten merkt man ihm hier deutlich an. Als
undurchsichtiger Theologe mit düsterer Aura ist er ein tragender Balken
der Inszenierung. Später war er u.a. noch neben Omar Sharif in "Dr.
Schiwago" und neben Jon Voight in "Die Akte ODESSA" zu sehen.
Auch der direkt aus dem britischen Fernsehen engagierte Ray Barrett
macht seine Sache als handfester Matrose hervorragend, sein etwas
pockennarbiges Gesicht sowie leichte Tendenz zu Segelohren mischen sich
recht markant mit viktorianischer Garderobe. Leider war dies der einzige
Hammer des TV-Stars aus Australien, der in Serien wie "Simon Templar",
"Mit Schirm, Charme und Melone" und "Doktor Who" äußerst beliebt war.
Mit Jennifer Daniel und Jacqueline Pearce sind auch zwei sehr schmucke
weibliche Hauptrollen mit von der Partie, die sogar vergleichsweise viel
zur Handlung beitragen und nicht nur Beiwerk sind, wie sonst zu dieser
Zeit üblich.
Man muss den Stil mögen, die dichte Atmosphäre und den aus heutiger
Sicht leicht schundigen Charme, dann wird man mit dem "schwarzen Reptil"
seine helle Freude haben. Dieser gotische Grusel mit exotischen
Anklängen ist sicherlich unter den besten Arbeiten der Hammer
Productions zu finden.
1964 - Die brennenden Augen von Schloss Bartimore (The Gorgon)
In dem kleinen deutschen Ort Vandorf werden seit mehreren Jahren
versteinerte Leichen gefunden. Die Polizei steht immer wieder vor einem
Rätsel und kann die Mordserie nicht aufklären. Professor Heitz reist
nach Vandorf, als er erfährt, dass sein als Künstler lebender Sohn sich
dort erhängt hat. Da er neben der versteinerten Leiche seiner Gespielin
gefunden wurde, verurteilt man ihn post mortem als Mörder. Doch der
Professor glaubt nicht daran und forscht auf eigene Faust nach der
Ursache für die Versteinerungen. Dabei stößt er in der Bevölkerung auf
eine Wand des Schweigens und auch der ortsansässige Dr. Namaroff ist ihm
keine große Hilfe.
Mal wieder ein Hammer-Film mit Peter Cushing und Christopher Lee, wobei
die beiden hier nicht im Gespann auftreten. Tatsächlich haben sie
innerhalb der Handlung sogar nur minimale Berührungspunkte. Lee spielt
mit Föhnfrisur und Albert Einstein-Schnautzer auch nur eine recht
kleine, wenn auch wichtige Rolle als Leipziger Professor mit Hang zum
Physischen. Cushing kann sich als düsterer Dr. Namaroff mehr ausspielen,
er ist sogar das Glanzstück des gesamten Films. Der altmodische
Backenbart steht ihm ausgezeichnet und er wirkt ein ums andere Mal recht
bedrohlich, zum Ende schwingt er sogar den Degen.
Ein weiterer Pluspunkt sind die Kulissen von Hammer-Mann Bernard
Robinson, der es durch die Sets schon bei Filmen wie "Das schwarze
Reptil" verstand, eine stimmige Atmosphäre zu erzeugen. Leider
verhaspelt sich der Plot aber ein ums andere Mal. Die Anleihen bei der
griechischen Mythologie sind offensichtlich und soweit auch interessant,
aber von Bedrohung oder Spannung ist hier nichts zu spüren. Wären nicht
die Darsteller und die besagte Atmosphäre, würde man sich doch arg
langweilen. Zumal die Auflösung schnell klar ist und das Ende daher auch
keinen Knalleffekt zu bieten hat. Barbara Shelley, Hammers weibliches
Aushängeschild, ist sicherlich nett anzusehen, aber der Grund für
verschiedene Begebenheiten im Film wird nicht deutlich.
Warum die Anwesenheit der Medusa quasi im Kollektiv verschleiert werden
soll, wenn doch nur Namaroff ein wirkliches Interesse daran hat, mutet
konstruiert an und die Motive des Gerichts und der Polizei bleiben auch
etwas zweifelhaft. Insofern steht hier im Bereich der Handlung so
einiges auf wackeligen Füßen, sodass kein homogener Eindruck entsteht.
Für Fans von Peter Cushing sicherlich ein Genuss und in Bezug auf
stimmungsvollen Grusel gibt es auch einiges zu sehen, aber insgesamt ist
"The Gorgon" keine Leuchte im Schaffen der Hammer Studios.