Amélie Nothomb

  • "Böses Mädchen"


    ausgelesen. Dass Nothomb sich immer sehr kurz fasst, ist mir nach drei Büchern von ihr ja jetzt schon bekannt, und dass sie auch auf einer so einer kurzen Seitenzahl einiges an Genialität unterzubringen weiß ebenso. "Böses Mädchen" ist eine perfekt erzählte, spitze, feine Charakterstudie, die 144 stilistisch und sprachlich einwandfreie Seiten Einblick gibt in das Leben einer schüchternen Studentin bietet, welche den geschickten Manipulationen einer anfänglichen Freundin erliegt, die eben das ist und langsam das offenbart, was eben auch der Titel des Werks nahelegt...
    Ich hatte auch an diesem Buch mal wieder nichts auszusetzen, die Geschichte, die Erzählweise und die Charaktere haben mich gepackt. Die Höhe sind natürlich mal wieder die bissigen Dialoge, nichts kann diese Frau besser, glaube ich.
    Ich gebe sehr gute 8/10 Punkten und freue mich auf weitere Bücher von ihr!

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


    meine Bücher 2016

  • Attentat
    legt den Vergleich zum französischen Märchen "Die Schöne und das Biest" wirklich nah. Nothomb ist mit ihrem Roman eine bösere, teuflischere, an die moderne Gesellschaft angepasste Geschichte gelungen, die sich um große Themen dreht und trotzdem unterhält. Um Schönheit geht es, Hässlichkeit, Ästhetik, Liebe. Auch das Mode-Business spielt eine große Rolle, und die dort zelebrierte Mentalität.
    Die Ich-Erzählung ist klug und ironisch, die Dialoge schnell und bissig, dadurch jedoch nicht weniger intellektuell und nachdenklich, gerade das Ende einfach nur genial.
    Sprachlich konnte Nothomb mich auch mal wieder begeistern, ich liebe ihren unnachahmlichen Stil. 8/10

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


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  • Gestern Amélie Nothomb's "Kosmetik des Bösen" auslesen.


    Grandios! Wieder habe ich etwas gelesen, was ich zuvor noch nie gelesen hatte und wieder war ich begeistert.


    Jérôme Angust, Geschäftsmann, möchte sich eigentlich nur die Wartezeit seines verschobenen Flugs mit etwas Lesen vertreiben. Doch das gestaltet sich nicht so einfach, denn ein wildfremder Mann namens Textor Texel gesellt sich dreist zu ihm und beginnt ihn einfach zuzutexten. Jérôme versucht anfangs höflich, dann immer deutlicher (er hält sich sogar die Ohren zu), dem aufdringlichen Texel klar zu machen, dass er kein Interesse an einem Gespräch hat. Doch dieser redet unbeirrt weiter, erzählt ihm aus seiner Kindheit, erzählt, er habe sogar jemanden ermordet. Erzählt, er habe eine Frau vergewaltigt. Und plötzlich ist Texels Lebensgeschichte gar nicht mehr so uninteressant für Jérôme... Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Beiden? Ist diese Begegnung reiner Zufall?


    Schnell, bissig und witzig schreibt diese Dame einen Roman, der ausschließlich aus Dialog besteht (und was für ein grandioser), über jene seltsame Begegnung, die plötzlich und unerwartet eine Wendung nimmt, die dann psychologisch wird... Ohne Ausschweifungen und immer auf den Punkt. Hat mir sehr, sehr gut gefallen und mehr von dieser Frau wird definitiv folgen.

  • Amélie Nothomb "Liebessabotage"
    ist der zweite Roman der wunderbaren, einzigartigen Schriftstellerin. Ich fand diesen Umstand besonders interessant, war gespannt auf ein Frühwerk..
    In der Hinsicht wurde ich jedoch enttäuscht -- was nicht heißt, dass "Liebessabotage" ein schlechter Roman ist. Denn er ist großartig.
    Doch von ihrem Zweitwerk aus den frühen 90ern erwartete ich irgendwie etwas, was ein bisschen anders, vielleicht stilistisch noch etwas unsicherer, weniger fokussiert ist. Allein ein bisschen weniger sarkastischen Biss hatte es meiner Meinung nach, aber das Buch ist sonst ebenso brillant, tiefsinnig und wundervoll wie alle anderen Bücher, die ich bis jetzt von ihr gelesen habe. War ja nun wirklich nicht schlimm, hatte nur etwas anderes erwartet..
    Nothomb erzählt die Geschichte des Kinderkrieges im Pekinger Viertel beschreibt Nothomb politisch unkorrekt, schwankt zwischen kindlichem Filter (z.B. bei den seltsam kühl beschriebenen eigentlichen "Kriegshandlungen") und dann doch etwas erwachseneren Schlussfolgerungen lakonischer Art und es gibt einfach kein Wort, was dieses Werk mal wieder besser charakterisieren könnte als.. schlau.
    Die in den Krieg eingebettete Liebesgeschichte ist auch etwas, was sie ja gut kann, auch hier gelingt die Darstellung des Machtkampfs, den viele Leute ja so falsch "Liebe" nennen, wieder mit Bravour.
    Die Trostlosigkeit malt Nothomb wieder mit wenigen, aber perfekt gesetzten Worten, mit etwa 150 Seiten ist wieder alles sehr knackig..
    8/10

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


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  • Wieder 'ne schöne Rezi, Blackbox, und sehr gut beobachtet! :thumbup: Mann, Dein Enthusiasmus steckt an, und ich habe ja noch ein paar ungelesene Werke von Amélie vor mir (ich teile sie mir schon seit Jahren ein), aber es kribbelt schon wieder in den Fingern, vor dem Ende des Jahres noch ein Buch von ihr zu lesen... ^^

  • "Mit Staunen und Zittern"
    war für mich ein wie gewohnt schnippischer, geistreicher, seltsamer, schlauer und einfach wunderbarer Roman. Ich liebe ja diese autobiografische Einfärbung, die Nothombs Werke oft tragen, über alles, und wie sie wieder Japan und die dortigen Gepflogenheiten und Verhaltensweisen umschreibt. Dies tut sie in ihrer unverwechselbaren Sprache, über die ich echt nicht noch mal Lobestöne verlieren muss, und sie tut es mit Bravour. Durch ihre Arbeiteraugen sieht der Leser die perverse Hierarchie in einem japanischen Großkonzern, und man leidet komplett mit der... sagen wir mal: strangen, aber gerade dadurch unfassbar interessanten Amélie mit. Genauso, wie man auch als Leser triumphiert, wenn Amélie es kurz über irgendwen in der Firma tut. Die schnippische, sarkastische Schreibweise vertreibt nie ganz das Grauen des Alltags als Büroarbeiterin unterster Kategorie, welches Nothomb schildert -- und gerade die perfekt gehaltene Waage zwischen Komik und Schrecken macht "Mit Staunen und Zittern" zu einem tollen Buch.
    7,5/10

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  • Ausgelesen: "So etwas wie ein Leben" von Amélie Nothomb.


    Die Schriftstellerin Amélie Nothomb erhält einen Brief eines extrem übergewichtigen amerikanischen Soldaten, der im Irak stationiert ist und der von ihm bewunderten Autorin sein Herz ausschüttet. Seine Fettleibigkeit sei seine Antwort und Buße auf begangene Kriegsverbrechen, so seine recht skurrile Argumentation. Er möchte sich wieder als Mensch fühlen und sie könnte ihm dabei helfen.
    Aus dieser grotesken Grundhandlung entspinnt Nothomb eine (wie immer bei ihr) wilde Mischung aus Anspruch, Zynismus, Weisheit und Philosophie, diesmal teilweise in Form eines Briefromans, bei dem man mal wieder nur raten kann, wieviel Autobiographisches in diesem Buch steckt und wieviel davon pure Fiktion ist.


    Amélie Nothomb gelingt auch hier erneut ein hervorragendes Werk, welches geistreiche Betrachtungen zu verschiedensten Themen enthält, darunter Gedanken zur Schriftstellerei, zum eigenen Körper und unserem Umgang mit ihm, zum Thema Lügen und Belogenwerden, zu Gesundheit und Politik. Und auch das ironisch-fiese Ende des Buches ist typisch für die belgisch-französische Ausnahmeautorin.


    Fazit: Wie immer kurz, wie immer gut, wie immer anspruchsvoll, nachdenkenswert und klug. Amélie Nothomb zeigt auch hier wieder, warum sie unter den weiblichen Literaten meine haushohe Nr. 1 ist.


    Bewertung: *****

  • Metaphysik der Röhren


    ist eine weitere Entführung in Nothombs Kindheit als Diplomatenkind im Japan der späten Sechziger. Sie schildert hier eindrucksvoll, genial-philosophierend und mit dem ganz eigenen Humor den Blick eines Mädchens zwischen 2 und 3 Jahren Alter bloß -- stellt diesen jedoch so interessant, wahr und wirr da, dass es ein Genuss zum Lesen ist.
    Die autobiographischen bzw. autobiographisch angehauchten Bücher finde ich immer wieder faszinierend von dieser Autorin, und es macht sehr viel Spaß, sich wieder von ihr das wunderbare Land nahegebracht zu bekommen. Ihr gelingt die Unmöglichkeit der kindlichen Emotionswiedergabe und Mädchensicht hier noch perfekter und runder als in z.B. "Liebessabotage".
    Dass die Erzählung manchmal etwas dahinplätschert, wird durch Sprachleistung komplett überschattet.. und wenn gerade etwas so richtig passiert, dann passiert es auch so richtig.
    Ein weiteres wundervolles Buch, 8/10 :thumbup:

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  • Die Reinheit des Mörders


    ist ein Roman, wie man ihn in einem ganzen wahllos zusammengekarrten Stapel wohl nur ein einziges Mal findet. Noch dazu stellt er das Erstlingswerk von Frau Nothomb dar, und damit einen unfassbar erstaunliches, großartiges Debüt. Zurecht hat sie mit damit Aufsehen erregt, sich in Kritiker- und Leserköpfen festgesetzt (ob im positiven oder sicher auch öfters mal im negativen Sinne; denn Nothombs Stil und ihre Art, zu erzählen und zu schreiben, die kann man lieben oder hassen, und beides lässt sich wunderbar begründen), sich etabliert.
    Sie schildert die Geschichte des seltsamen, verschrobenen und ohne Zweifel schlauen Literaten, des Nobelpreisträgers und Oberarschs, der zum Ende seines Lebens fünf von seinem Assistenten ausgewählte Journalisten zum Gespräch bittet, mit einer sprachlichen Eleganz, die wirklich unvergleichlich ist. Ich habe jetzt schon viele Bücher Nothombs gelesen, und trotzdem bin ich immer wieder beeindruckt von ihrem hervorragenden Spracheinsatz und gerade ihren sie auszeichnenden, schlagfertigen, gewieften und makellosen Dialogen. Durch die Wiedergabe der fünf Gespräche ist "Die Reinheit des Mörders" zu geschätzt 90% Dialog, ließe sich perfekt als atemberaubend spannendes Theaterstück aufführen, wenn man wollte. Nothombs dialoglastige Werke und gerade dieses Buch sollte wirklich mal Pflichtlektüre für Drehbuchschreiber und generell Autoren sein, die wissen wollen, wie man geistreich und interessant, gebildet und doch nicht zu realitätsfern Menschen reden lässt.
    Die Geschichte entwickelt sich ab der Mitte des Buches mit dem letzten Gespräch (welches das längste darstellt und auch das, in dem eigentlich erst die richtige Story Fahrt aufnimmt) desweiteren noch zu einem spannenden Kriminalstück, auf eine gewisse Art und Weise. Vordergründig bleibt das Buch jedoch eine Abrechnung mit der Journalismus-Welt, und auch der der Gefühle.
    "Die Reinheit des Mörders" ist mein neuer Nothomb-Favorit.. wobei ich hier ja auch ein bestes Buch aus unzähligen tollen Büchern wählen muss. Doch dieses Erstlingswerk übertrifft alles, es ist ein wirklich perfekter Roman. Ich vergebe selten die volle Punktzahl, sogar ausgesprochen selten; das wissen Leute, die meine Bewertungen hier im Forum verfolgen. Das liegt daran, dass ich finde, dass der perfekte Roman die schwerste künstlerische Perfektion überhaupt ist. Einen perfekten Song von drei Minuten oder auch einen perfekten Film von neunzig Minuten zu machen ist für mich etwas anderes, als ein hunderte Seiten langer perfekter Roman. Ich kann mit 10/10 Punkten einfach nicht um mich schmeißen, und ich möchte es auch nicht. Alle Bücher, die ich mit 7/10 oder mehr bewerte, sind komplette Leseempfehlungen meinerseits, 8/10 ist ein echt geniales Buch und 9/10 Punkte vergebe ich tatsächlich an Bücher, die echte Meisterleistungen, Ausnahmebücher und der totale literarische Wahnsinn sind. 10/10 möchte ich gar nicht allzu oft im Jahr an eins meiner unzähligen gelesenen Bücher vergeben.. doch hier tue ich es. "Die Reinheit des Mörders" darf sich als zweites Buch 2016 (nach Ina Brinkmanns "Liebesgeschwüre") diese Zahl abholen. Bitte sehr :love:

    Auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Menschen gebildet. Sie schmeckte vorzüglich.


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